Vortrag und Diskussion mit Peter Raisch: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Sachsen

Nach einiger Zeit hat sich das Thema erschöpft, die Medienaufmerksamkeit läßt nach. Bis ein neuer Fall die Öffentlichkeit erregt und der Kreislauf wieder an Schwung gewinnt. Wir haben dies in den vergangenen Jahren mehrfach – fast könnte man sagen “zyklisch” – miterlebt. Es setzt sich der Eindruck fest, daß der Staat und die Gesellschaft das Problem in seiner ganzen Gefährlichkeit nicht ernst nehmen. Politische Brandreden und Feuerlöschaktionen ersetzen keine tiefgehende öffentliche Debatte über Ursachen und Bekämpfungsstrategien. Die Experten fühlen sich allein gelassen.

Zur Zeit scheint die Aktion gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit breiter und tiefer angelegt zu sein – nicht zuletzt im Interesse der Wirtschaft, die den Standort Deutschland gefährdet sieht. Auch nach dem Sommerloch halten Erregung und Interesse an. Es setzt sich die Erkenntnis durch: dies alles siedelt in derMitte unserer Gesellschaft. Zahlreiche Aktionen mobilisieren Vereine, Schüler, Studenten, Bildungsträger aller Schattierungen. Im Fadenkreuz der Politik sind jedoch vornehmlich Maßnahmen der Repression zu erkennen: NPD-Verbot und verschärftes Durchgreifen von Polizei und Justiz. Ein tief in die Gesellschaft hineinreichendes präventives Konzept scheint immer noch wenig attraktiv zu sein: zu kostspielig, zu kompliziert und wegen der auf Langfristigkeit angelegten Wirkung kaum vorzeigbar.

Immerhin: in Sachsen sieht es so aus, als nehme man das Problem seit Beginn der 90er Jahre ernst. Mit der Bildung der Sonderkommission Rechtsextremismus (SOKO REX) wurden zumindest bei der polizeilichen Bekämpfung “rechter Gewalt” Erfolge erzielt, die das Land Sachsen zum Vorbild für andere Bundesländer werden ließ. Ganz wesentlich ist dies das Verdienst des Präsidenten des Landeskriminalamtes, Peter Raisch.


Zur Person:

Peter Raisch ist Präsident des Landeskriminalamtes Sachsen seit 1991. 1965 trat er in die Bereitschaftspolizei Baden-Württembergs ein, von 1968 bis 1971 tätig in verschiedenen Verwendungen bei der Schutzpolizei, wechselte er zur Kriminalpolizei. Von 1972 bis 1991 war er als Ermittlungsbeamter, Dezernats-, Inspektions- und stellvertretender Abteilungsleiter in der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg tätig. Dabei leitete er von 1977 bis 1990 mehrere Sonderkommissionen gegen ausländische links- und rechtsextremistische sowie terroristische Gruppierungen in der Verfahrenszuständigkeit des Generalbundesanwalts (Rote Armee Fraktion, Revolutionäre Zellen, Deutsche Aktionsgruppen, Tamil Tigers) und außerdem beim Schusswaffenattentat auf den damaligen Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble. Ab April 1991 leitete Peter Raisch den Aufbaustab des LKA Sachsen und wurde mit Herstellung dessen Funktionsfähigkeit sein Präsident. Er richtete die Sonderkommission Rechtsextremismus und polizeiliche Kriminalprävention (SOKO REX) ein. Peter Raisch ist Mitglied verschiedener nationaler und internationaler polizeilicher Gremien.