Blutet Sachsen aus?

“Jeder dritte Jugendliche will in den Westen” titelte kürzlich die “Döbelner Allgemeine Zeitung” nach einer Umfrage des Leipziger Instituts für Marktforschung – und fügte hinzu: zwei Drittel der jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren sehen ihre Lebensperspektive außerhalb der neuen Bundesländer.

Sind dies etwa normale Wanderungsbewegungen, wie sie auch zwischen anderen Bundesländern vorkommen? Ist dies eine Angstreaktion – ausgelöst durch die deprimierenden Berichte über die wirtschaftliche Lage der neuen Bundesländer, die nur noch geringe berufliche Perspektiven zulassen? Oder will man nicht einfach auch zu den dynamischen, erfolgsorientierten jungen Leuten gehören, die ihre Koffer packen und sich anderswo eine neue Existenz aufbauen? Go West?

Wenn dies so ist – wo bleibt dann das energische Gegensteuern der Politik? Wie schafft man wirtschaftliches Wachstum, Arbeitsplätze und damit eine berufliche Zukunft auf heimatlichem Boden?

Wie sieht das alles der ehemalige sächsische Finanzminister Professor Georg Milbradt? Er gilt als besonders fähig, und viele möchten ihn gern als Nachfolger von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf sehen.

Wir haben ihn deshalb auf Gut Gödelitz eingeladen, um – nach der eher pessimistischen Sichtweise des ehemaligen Staatssekretärs im Bundesfinanzministerium, Dr. Claus Noé – nunmehr einen Politiker zu hören, der die Geschicke des Bundeslandes Sachsen zehn Jahre an entscheidender Stelle mitgestaltete, bevor er im Januar 2001 von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf aus dem Amt gedrängt wurde.


 

Zur Person:

milbradt_1Geboren am 23. Februar 1945 in Eslohe (Sauerland).  Seine Familie stammt aus Wongrowitz (bei Posen) und flüchtete bei Kriegsende nach Westdeutschland.  1964 Abitur in Dortmund.  Von 1964 bis 1968 Studium der Volkswirtschaft – mit den Nebenfächern Jura und Mathematik – an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster/Westfalen. Abschluss als Diplom-Volkswirt.
1970 bis 1980 wissenschaftlicher Mitarbeiter / Assistent am Institut für Finanzwirtschaft an der Universität Münster.  1973 Promotion, 1980 Habilitation und Erwerb der Lehrbefugnis für Volkswirtschaftslehre.  1980 bis 1983 Lehrstuhlvertretung für Finanzwirtschaft und Volkswirtschaft an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Seit 1985 außerplanmäßiger Professor an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster/Westfalen.
Seit 1973 ist Georg Milbradt Mitglied der CDU. Von 1983 bis 1990 war er Finanzdezernent der Stadt Münster, von 1990 bis Januar 2001 sächsischer Staatsminister der Finanzen.

Seit 1991 ist er Mitglied des Landesverbandes der sächsischen CDU, seit 1994 Mitglied im sächsischen Landtag.  1999 wurde Georg Milbradt zum Stellvertretenden Landesvorsitzenden und im September 2001 zum Vorsitzenden des CDU-Landesverbandes Sachsen gewählt. Die Wahl zum sächsischen Ministerpräsidenten erfolgte am 18. April 2002. Anfangs Chef einer CDU-Alleinregierung, führt er seit den Landtagswahlen im September 2004 eine Koalitionsregierung aus CDU und SPD. Am 10. November 2004 wurde er als Ministerpräsident des Freistaats Sachsen im Amt bestätigt.