Europa – für wen? Die Bedeutung der Europäischen Union für Deutschland und Sachsen

Wie überwindet man die gegenwärtige Krise? Müssen wir nicht bewusst Wettbewerbsvorteile der Neumitglieder in Kauf nehmen oder gar fördern, damit sie wirtschaftlich auf die Beine kommen und zu selbstständigen Partnern werden? Wenn ja – genügt es dann, eine Art europäische Freihandelszone zu errichten – oder müssen wir nicht jenseits der Wirtschaft auch die politische Gemeinschaft substanziell vertiefen?

Durch die Geschichte Europas zieht eine Blutspur von Gewalt, Revolutionen und Kriegen. Erst nach dem letzten Weltkrieg scheinen die Völker zur Besinnung gekommen zu sein. Montanunion, EWG und Europäische Union sind Entwicklungsmarkierungen eines Weges des Friedens und eines nie gekannten Massenwohlstands.

Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts und vor dem Hintergrund der Globalisierung von Finanzmärkten und Produktionsstandorten ist der einst strahlende Glanz Europas verblasst.
Arbeitslosigkeit, Sozialabbau, demografische Probleme und zunehmende Armut verbunden mit massiven Sozialängsten münden in einer immer kritischeren Haltung gegenüber dem Projekt Europa.

Mit der Ablehnung der neuen europäischen Verfassung durch die Völker Frankreichs und der Niederlande wird diese Kritik laut und virulent: Die Brüsseler Bürokratie sei krakenhaft, korrupt, und es mangele an einer breiten demokratischen Legitimation. Der Euro habe sich als „Teuro“ entpuppt.

Und schließlich: Mit der Osterweiterung sei Europa zu groß geworden: 25 Länder seien nicht mehr unter einen Hut zu bringen. Wo endet Europa?
Die Kritik geht noch tiefer: Dieses Europa sei das Europa der Konzerne. Deren Interessen setze die Kommission mit harter Konsequenz durch. Sie toleriere den Lohn- und Steuerdumping der neuen Mitglieder in Mittel- und Osteuropa. Sie finanziere dort eine moderne Infrastruktur – mit unseren Beiträgen.
Sie fördere damit Firmenverlagerungen und Arbeitslosigkeit in den alten Mitgliedsländern, mache unsere Regierungen gegenüber den Konzernen zunehmend erpressbar und trage dazu bei, den inneren Frieden in unseren Gesellschaften zu zerstören.
Für eine europäische Sozialpolitik hingegen setze sich die Kommission kaum ein.

Zur Person:

milbradt_1Geboren am 23. Februar 1945 in Eslohe (Sauerland).  Seine Familie stammt aus Wongrowitz (bei Posen) und flüchtete bei Kriegsende nach Westdeutschland.  1964 Abitur in Dortmund.  Von 1964 bis 1968 Studium der Volkswirtschaft – mit den Nebenfächern Jura und Mathematik – an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster/Westfalen. Abschluss als Diplom-Volkswirt.
1970 bis 1980 wissenschaftlicher Mitarbeiter / Assistent am Institut für Finanzwirtschaft an der Universität Münster.  1973 Promotion, 1980 Habilitation und Erwerb der Lehrbefugnis für Volkswirtschaftslehre.  1980 bis 1983 Lehrstuhlvertretung für Finanzwirtschaft und Volkswirtschaft an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Seit 1985 außerplanmäßiger Professor an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster/Westfalen.
Seit 1973 ist Georg Milbradt Mitglied der CDU. Von 1983 bis 1990 war er Finanzdezernent der Stadt Münster, von 1990 bis Januar 2001 sächsischer Staatsminister der Finanzen.

Seit 1991 ist er Mitglied des Landesverbandes der sächsischen CDU, seit 1994 Mitglied im sächsischen Landtag.  1999 wurde Georg Milbradt zum Stellvertretenden Landesvorsitzenden und im September 2001 zum Vorsitzenden des CDU-Landesverbandes Sachsen gewählt. Die Wahl zum sächsischen Ministerpräsidenten erfolgte am 18. April 2002. Anfangs Chef einer CDU-Alleinregierung, führt er seit den Landtagswahlen im September 2004 eine Koalitionsregierung aus CDU und SPD. Am 10. November 2004 wurde er als Ministerpräsident des Freistaats Sachsen im Amt bestätigt.