Gespräch und Vortrag mit Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Deutschland

Es gibt Wissenschaftler, die sich damit nicht zufrieden geben. Sie bleiben nicht im Elfenbeinturm, sie gehen in die Öffentlichkeit, beherrschen die Kunst, Politik und Medien immer wieder und dauerhaft für ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zu interessieren und zu sensibilisieren. Und es gelingt ihnen, vieles davon auch politisch umzusetzen.
Professor Wilhelm Heitmeyer ist einer von ihnen. Er hat sich mit Jugendkriminalität, Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit beschäftigt, er hat frühzeitig auf die Gefahren hingewiesen, die eine mangelnde Integration von Einwanderern in Deutschland nach sich ziehen wird (Parallelgesellschaften), und er untersucht laufend, was denn unsere Gesellschaft noch zusammen hält und was sie spaltet.

Vor dem ost-west-forum hat Professor Heitmeyer zum Thema „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ gesprochen. Seit fünf Jahren untersuchen er und seine MitarbeiterInnen in jährlichen repräsentativen Umfragen das Ausmaß und die Entwicklung von Vorurteilen, rechtspopulistischen Mentalitäten und Diskriminierungen. Dabei wurde deutlich, dass Menschen, die eine soziale und ökonomische Desintegration erfahren, Abstiegsängste aufweisen und sich orientierungslos fühlen, besonders anfällig sind, andere abzuwerten, um sich selbst aufzuwerten. Insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern zeichnen sich zunehmend Ausgrenzungserfahrungen und –ängste ab, die anfällig für Vorurteile und rechtspopulistische Propaganda machen. Diese Entwicklungen werden gefördert durch Abwanderungen aus schwachen Regionen und die Bildung homogener feindseliger Meinungsgruppen.

Der Vortrag hat wesentliche Ergebnisse aus dem Projekt berichtet und Fragen zur Bekämpfung von Vorurteilen und extremistischen Mentalitäten aufgeworfen.


 

zur Person:

wheitmeyerWilhelm Heitmeyer, Dr. phil. habil., geb. 1945, ist Professor für Sozialisation der Universität Bielefeld. Seit 1982 leitete er verschiedene Forschungsgruppen zu Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und ethnisch-kulturellen Konflikten.

Seit 1996 ist er Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung. Dazu gehört auch die Leitung des Sonderforschungsbereiches 227 der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Wilhelm Heitmeyer ist Gutachter verschiedener wissenschaftlicher Institutionen der Forschungsförderung, u.a. der Volkswagen-Stiftung, Alexander-von-Humboldt- Stiftung, der German- Israeli- Foundation, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Fritz-Thyssen-Stiftung und Hans-Böckler-Stiftung.

Vielfältig ist seine Herausgebertätigkeit u.a. im Editorial Board der Reihe „International Studies of Childhood and Adolescence“ (de Gruyter- Verlag), der Schriftenreihe „Jugendforschung“ (Juventa Verlag). Er ist geschäftsführender Herausgeber der Reihen „Kultur und Konflikt“ und „Deutsche Zustände“ (Suhrkamp Verlag) sowie des „International Journal of Conflict and Violence Research”.

Publikationsauswahl:
Heitmeyer, W. (Hg.): Deutsche Zustände. Folge 4. Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag 2005.
Heitmeyer, W. (Hg.): Deutsche Zustände. Folge 3. Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag 2005.
Heitmeyer, W./Hahan, J. (Hg.): Internationales Handbuch der Gewaltforschung. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2002.
Heitmeyer, W.: Rechtsextremistische Orientierung Jugendlicher. Weinheim/München: Juventa 51995 [1987].