Döbelner Anzeiger – Der Frieden im Kleinen

Montag, 8. November 2010

Es war der dritte Abend zum Thema „Nahost-Konflikt“, den das Ost-West-Forum im Gut Gödelitz veranstaltete. Mit dem ehemaligen Generaldelegierten Palästinas in Deutschland, Abdallah Frangi, und dem israelischen Professor Frank Stern von der Universität Haifa sprachen in jüngster Vergangenheit Vertreter beider Konfliktparteien an diesem Ort. Nun hat der Vorsitzende des Forums, Axel Schmidt-Gödelitz, die Nahost-Expertin Alexandra Senfft eingeladen, um eine dritte Sichtweise auf die äußerst komplizierten Vorgänge zwischen Israelis und Palästinensern vorzustellen.

Alexandra Senfft lebte mehrere Jahre in Gaza, wo sie für ein UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge tätig war. Auf Gut Gödelitz stellte sie ihr Buch „Fremder Feind, so nah. Begegnungen mit Palästinensern und Israelis“ vor. Sie schildert darin die Versuche von Angehörigen beider Völker, aufeinander zuzugehen. Die Autorin schreibt von ihrer Freundin, einer israelischen Journalistin, die mitten unter Palästinensern im Ramallah wohnt und arbeitet. Sie prangert für ihre liberale Zeitung Missstände an und bleibt für die Palästinenser trotzdem eine Jüdin.

Für manchen ihrer israelischen Landsleute ist sie fast schon eine Verräterin. Alexandra Senfft lässt einen Palästinenser zu Wort kommen, dessen Bruder von israelischen Soldaten erschossen wurde, und der trotzdem seinen Hass überwindet und das Gespräch mit einer israelischen Familie sucht, deren Tochter bei einem Selbstmordattentat eines Palästinensers getötet wurde. Sein Credo lautet: „Wenn wir die Hoffnung verlieren, verlieren wir alles.“ Die Schriftstellerin stellt sich und den Zuhörern auf Gut Gödelitz die Frage, welche Kraft solche Menschen aufbringen, damit sie nicht selber gewalttätig werden und statt dessen für ein friedliches Miteinander werben.

So funktioniert bei einigen wenigen „Kleinen“ das, was in der großen Politik seit Jahrzehnten regelmäßig scheitert. Alexandra Senfft schildert auch anschaulich die Versuche, die verhärteten Krusten beider Seiten aufzubrechen. Einerseits haben die Israelis Angst um die Existenz ihres Staates, andererseits prangern die Palästinenser ihre Entwurzelung, die Vertreibung und den Verlust ihrer Heimat an. Senfft wirbt mit ihrem Buch darum, zu versuchen, beide Seiten zu sehen und zu verstehen. Sie wirft die Frage auf, wie man es schafft, die Friedensarbeit an der Basis zum Inhalt der staatlichen Politik zu machen. Das wäre eine Möglichkeit, den Konflikt nach und nach zu entschärfen. An diesem Punkt müssten auch die internationalen Friedenspläne ansetzen, damit sie nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt sind.