Albrecht Müller: Meinungsmache

Veranstaltung am 3. März 2010

Albrecht Müller musste aus sehr persönlichen Gründen seine Teilnahme absagen.

Stattdessen las Professor Richter, Mitglied des Vorstandes des ost-west-forums – aus Albrechts Müllers Buch “Meinungsmache”.

Verschaffen sich Führungseliten aus Wirtschaft, Politik und Medien wirtschaftliche und machtpolitische Vorteile, indem sie in Deutschland systematisch die öffentliche Meinungsbildung manipulieren? Zugegeben – es klingt nach einer erneuten Verschwörungstheorie. Aus der Sicht des studierten Nationalökonomen und Publizisten Albrecht Müller ist diese Manipulation der öffentlichen Meinung jedoch eine feststehende und beweisbare Tatsache – nachzulesen in seinem jüngsten Buch mit dem Titel: Meinungsmache. Wie Wirtschaft, Politik und Medien uns das Denken abgewöhnen.

Und Albrecht Müller ist auch nicht irgendwer, der sich aus der Ecke seiner ideologisierten Weltsicht etwas ausgedacht hat.

Albrecht Müller war Redenschreiber von Karl Schiller und später Leiter der Grundsatzabteilung im Bundeskanzleramt unter Willy Brandt und Helmut Schmidt.

Vor einigen Jahren hat er mit seinem Partner Wolfgang Lieb das Internetportal NachDenkSeiten aufgebaut, das die Politik in Deutschland kritisch begleitet. Interessante Artikel aus der deutschen Medienlandschaft werden ebenso ausgewählt wie oft pikante und enthüllende Hinweise aus dem Innenleben aller Bereiche der Gesellschaft – zugespielt von einer kritischen, hellwachen oder aber besorgten Leserschaft.

Auf diese Weise hat Albrecht Müller etwas Erstaunliches erreicht: Mit monatlich fünf Millionen Zugriffen (!) ist ihm der Aufbau einer veritablen Gegenöffentlichkeit gelungen. Politiker, Lehrer, Journalisten – politisch Interessierte aus allen gesellschaftlichen Segmenten informieren sich meist täglich über Neues aus den NachDenkSeiten.

Die große Zahl zeigt aber auch, wie viele Menschen mit Verantwortungsbewußtsein sich um den Zustand unserer Gesellschaft sorgen, wie viele Antworten suchen und aus der Resignation heraus wollen.

In seinem Buch analysiert Müller die Art und Weise, wie Meinungsmache funktioniert, wer die wichtigsten Betreiber sind und welche Interessen auf diese Weise verfolgt werden. Ob das die Privatisierungsorgien bei der öffentlichen Daseinsvorsorge sind, die uns allen als alternativlos eingeredet wurden und werden, ob es die mit dem positiven Begriff Reformen belegten Veränderungen in den Bereichen Bildung, Altersversorgung oder auf dem Kapitalmarkt sind – Müller beschreibt die teils subtile, teils korrumptive, teils brachiale Durchsetzung von Interessen, die nicht im geringsten mit den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung in Einklang zu bringen sind, aber im schönen Kleid eines Gesetzes das Leben der Bürgerinnen und Bürger verändern.

Aber Müller geht darüber hinaus, er zeigt Alternativen auf und beschreibt, wie Gegenbewegungen möglich sind. Anknüpfend an die 68er-Generation fordert er seine Leser auf: Schafft ein, zwei, viele Gegenöffentlichkeiten!


 

Zur Person:

albrecht_mueller.jpgAlbrecht Müller, geboren 1938 in Heidelberg. Nach Abitur und Lehre zum Industriekaufmann folgte das Studium der Volkswirtschaftslehre und Soziologie in Mannheim, Berlin, München und Nottingham. Nach seiner ersten Stellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationale Wirtschaftsbeziehungen der Universität München arbeitete er bis 1968 als Redenschreiber des Bundeswirtschaftsministers Professor Karl Schiller. Von 1973 bis 1982 leitete er die Planungsabteilung im Bundeskanzleramt unter Willy Brandt und Helmut Schmidt. Nach dem Wahlsieg von Helmut Kohl begann Müllers Karriere als freiberuflicher politischer und wirtschaftspolitischer Berater. Nach der Bundestagswahl 1987 zog Müller in den Bundestag ein, wo er als SPD-Abgeordneter bis 1994 blieb. Heute arbeitet Albrecht Müller als Autor und Journalist, Politik – und Unternehmensberater. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, in denen er sich kritisch mit den gegenwärtigen politischen, wirtschaftlichen und medienpolitischen Verhältnissen und deren Entscheidungsträgern auseinandersetzt. Zusammen mit dem Juristen Wolfgang Lieb betreibt Müller das Internetjournal NachDenkSeiten. Die kritische Website, dessen große Leserzahl sich zu einer Art Gegenöffentlichkeit herausgebildet hat.