Vortrag, Diskussion und Buchvorstellung mit Astrid von Friesen (Dresden) und Gerhard Wilke (London)
Jeder Mensch ist Teil von Drei- Generationen- Hierarchien. Die Autoren belegen das in überzeugender Weise auf den Ebenen der Familie (Großeltern- Eltern- Kinder) wie auch für Organisationen (z.B. Chef-, Stations-, Assistenzärzte). In der psychologischen und politischen Literatur lag das Augenmerk in den letzten 50 Jahren vorwiegend auf den Konflikten und den Auflösungs-erscheinungen der Generationen-Abfolge.
Die Autoren arbeiten jedoch besonders die Normalität dieser Beziehungen heraus und plädieren für die entwicklungsfördernden Aspekte dieser normalen Einbettung in unserer „entbetteten Gesellschaft“ (Giddens), welche durch die Globalisierung, die Verluste von tragenden Hierarchien, von grenzgebenden Vorbildern sowohl die Individuen als auch jegliche Gruppierungen (begonnen bei Schulklassen über staatliche Institutionen bis hin zu weltweit operierenden Firmen) immer stärker verunsichert. Welche oftmals durch – wie Krebsgeschwüre wuchernde – in den Wahnsinn treibende, sinnentleerte Bürokratie gefüllt werden.
Sie zeigen die Normalität der Generations-Abfolge und den Nutzen auf, wenn die Politik, das Gesundheitssystem, Therapeuten , aber auch Manager großer Organisationen erneut entdecken, das Menschen in Drei- Generationen- Mustern erzogen werden, denken und leben. Auf Grund des zunehmenden Rückzuges des Staates aus den sozialen Systemen wird das Drei- Generationen- Gefüge von den Autoren zur „Wagenburg des 21. Jahrhunderts“ erklärt.
Hervorzuheben ist bei dieser Themenbehandlung die erstmals so erfolgte enge Verflechtung der individualpsychologischen Ebene mit ethnografischen Analysen und daraus resultierenden Gestaltungs-Vorschlägen. Besondere Beachtung schenken die Autoren dem möglichen Problemen bei der Beendigung von Lebens-Phasen: Denn jede Beendigung eines Jobs oder einer Generations-Abfolge sollte man voraus planen, sich gedanklich darauf einstellen, was z.B. narzisstisch geprägten Menschen als tiefe Kränkung erfahren.
Durch die Arbeitsfelder der beiden Autoren als Therapeuten, Gruppenanalytiker und als weltweit tätiger Organisationsberater ergänzen sie ihre Überlegungen mit anschaulichen und spannenden Fallbeispielen aus Firmen, Institutionen und Großgruppen ebenso wie aus der Politik – und zwar unter analytischem und ethnologischem Blick.
Wir freuen uns darauf, Astrid von Friesen und Gerhard Wilke am 26. August 2017 als Referenten und bei der Vorstellung ihres neuesten Buches bei uns auf Gut Gödelitz begrüßen zu dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Peter Richter
Kurzbiografien
© ost-west-forum
Astrid von Friesen, Jg. 1953, ist Erziehungswissenschaftlerin, Publizistin und Psychotherapeutin in Dresden und Freiberg. Sie unterrichtet an der Freiberger Universität und kommentiert im Deutschlandradio-Kultur sowie im MDR-Figaro.
Ihre letzten Bücher heißen: “Der lange Abschied. Psychische Spätfolgen für die 2. Generation deutscher Vertriebener“ (2000), „Schuld sind immer die anderen! Die Nachwehen des Feminismus: frustrierte Frauen und schweigende Männer“ (2006) und „Ein Erziehungsalphabet: Von A bis Z – 80 pädagogische Begriffe“, E-BOOK, 2013. (astridvfriesen@arcor.de).
Sie ist seit einem Jahrzehnt Vorstandsmitglied im Ost-West-Forum und hat bereits vielfach bei uns vorgetragen.
© Gerhard Wilke
Gerhard Wilke, Deutsch-Engländer in London, Jg. 1948, wuchs in einem Dreigenerationen-Haushalt in einem hessischen Dorf auf und studierte Ethnologie am King’s College in Cambridge bei Sir Edmund Leach. Er ist Honorary Fellow des Royal College of General Practitioners (RCGP), Fellow IAGP, Gruppenlehranalytiker (GRAS), Dozent Ashridge Business School und arbeitet weltweit als Gruppenanalytiker und Organisationberater. Er ist Ko-Autor des Buches “Living Leadership – a practical guide for ordinary heroes” (2005).
Seine Aufsätze liegen vor in: “The art of group analysis in organisations – the use of intuitive and experiential knowledge” Karnac, London 2014; – “Ordnung und Chaos in Gruppen”, Lit- Verlag, Münster , 2017; – “Breking free of “Bonkers”, Leading in todays “crazy” world of organisations”, Hatchett, London & New York, 2017
(gerhard@gerhardwilke.com)
Ein Büchertisch mit den Werken der Referenten wird vorhanden sein.