Lesung mit Friedrich Dieckmann

Veranstaltung am 21. Juni 2008

Eine Lesung von und mit Friedrich Dieckmann

Friedrich Dieckmann dürfte ungefähr elf Jahre alt gewesen sein, als er, nur drei Jahre nach dem Krieg, in der Dresdner Tonhalle zum ersten Mal Mozarts “Zauberflöte” erlebte. Die Aufführung muss ihn sehr beeindruckt haben, denn in seinen feinsinnigen, klugen Essays kommt er immer wieder auf seinen Mozart und die “Zauberflöte” zurück. Dieckmann ist aber auch intelligenter Betrachter der Gegenwart, wie seine kritischen Reflexionen über die deutsche Wiedervereinigung belegen. Aber vor allem ist er auch heute noch der bildenden Kunst verpflichtet. So hat er Bücher über Franz Schubert, Richard Wagner, Bertolt Brecht und Karl von Appen veröffentlicht. Und natürlich über Mozart, seinen Mozart. Aus diesem geradezu privaten Buch hat Friedrich Dieckmann in Gödelitz gelesen.

Am Abend der Lesung wurde darüber hinaus die Ausstellung “Farbe zwischen gestern und jetzt – Ungereimtes aus einem Malerleben auf Leinwand und Papier” des Künstlers Dieter Beirich eröffnet.


Als der Krieg zu Ende ging, war Friedrich Dieckmann acht Jahre alt, Deutschland ein Trümmerfeld, nicht nur an zerstörten Städten, auch an gebrochenen Menschen. Friedrich Dieckmann wächst in Dresden und später in Birkenwerder bei Berlin auf. Sein Vater ist Journalist und Politiker, Mitbegründer der liberalen Blockpartei LDPD und immerhin nach dem Krieg auch stellvertretender Ministerpräsident von Sachsen. Auf was lässt all dies schließen? Zumindest auf ein Elternhaus, in dem ernsthaft miteinander gesprochen und diskutiert wurde, vielleicht auch über den Krieg, bestimmt aber über Politik und über Kultur.

Friedrich Dieckmann dürfte ungefähr elf Jahre alt gewesen sein, als er in der Dresdner Tonhalle zum ersten Mal Mozarts “Zauberflöte” erlebte. Diese Inszenierung im Notquartier, auf einer mit Tüchern gestalteten Bühne, muss den jungen Zuschauer schwer beeindruckt haben. Inmitten der damals geschundenen Stadt erklang ein Märchen mit all den Fragen um Gerechtigkeit, Sinn, Macht – und natürlich Liebe. In seinen feinsinnigen, klugen Essays kommt er immer wieder auf seinen Mozart und die “Zauberflöte” zurück.

Fast scheint es selbstverständlich, dass Friedrich Dieckmann an der Universität Leipzig Germanistik und Philosophie studiert. 1955, im legendären Hörsaal 40 bei Ernst Bloch, der den jungen Mann fasziniert und geistig fordert. Dieckmann studierte aber auch Physik. Scheinbar war er sich nicht sicher, ob er nicht besser etwas Handfestes wie die Naturwissenschaften brauchen könnte. Verständlich, denn in der DDR war die Zeit nicht reif für eine qualitativ neue, nichtbürgerliche Literatur. Die Naturwissenschaften gaben den Ton im Arbeiter- und Bauerstaat an. Physik als Fluchtort.

Wie auch immer, Friedrich Dieckmann wurde in der Physik nicht heimisch, er wandte sich wieder der Literatur zu, an Themen mangelte es ihm nie, Theater, Musik, Dichtung. Seit 1963 lebt er als freier Schriftsteller in Ost-Berlin, zwischendurch von 1972 bis 1976 war er Dramaturg am Berliner Ensemble. Eine offensichtlich merkwürdige Erfahrung für den Literaten: Er gibt dann einen Einblick in dieses sozialistische Theater, dass sich eigentlich nicht unterschied, von all den anderen Großbetrieben. Es gab eine Parteileitung, eine Betriebsgewerkschaftsleitung sowie verborgene und offene Machtstrukturen. Als dann am Ende die Leute der Bezirksleitung die wichtigsten Fäden in der Hand hatten, löste sich der Dramaturg Dieckmann von dem Theater, zog sich zurück und fing wieder an zu schreiben. So entstanden unzählige kluge und beeindruckende Essays, oft mit lakonischem Witz, immer differenziert, intellektuell, aber nicht verspannt, immer freudvoll zu lesen.

Ab 1970 war er Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR und seit 1972 des PEN-Zentrums der DDR. 1992, zwei Jahre nach der Wende, wird er Mitglied der Freien Akademie der Künste in Leipzig, 1995 der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, 1996 der von ihm mitgegründeten Sächsischen Akademie der Künste und 1997 der Berliner Akademie der Künste. Die Liste der Preise, die ihm verliehen wurden, würde den Rahmen sprengen, daher hier nur einige: 1983 Heinrich-Mann-Preis, 1993 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, 2001 Johann-Heinrich-Merck-Preis und 2004 Ehrendoktor der Berliner Humboldt-Universität.

Friedrich Dieckmann ist auch intelligenter Betrachter der Gegenwart. Er schrieb bereits vier Essaybände über den Prozess der deutschen Wiedervereinigung. Aber vor allem ist er auch heute noch der bildenden Kunst verpflichtet. So hat er Bücher über Franz Schubert, Richard Wagner, Bertolt Brecht und Karl von Appen veröffentlicht. Und natürlich über Mozart. Seinen Mozart. Aus diesem geradezu privaten Buch hat Friedrich Dieckmann in Gödelitz gelesen.