Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Herwig Birg: Demographie: Was wirklich auf Deutschland und Europa zukommt

Sieht man einmal von der Abwanderung ab, dann ist der Bevölkerungsschwund in Sachsen nur ein besonders krasses Beispiel einer jahrzehntelangen Entwicklung, die ganz Deutschland, ganz Europa und nahezu alle modernen Industrienationen betrifft. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges wurde jedoch über Bevölkerungsfragen in Westdeutschland kaum gesprochen. Weil dies ein zentraler Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie war, wurde es zum Tabu-Thema.
Dann aber, um das  Jahr 2001, explodierte plötzlich das Interesse an demographischen Fragen.

Auslöser war wohl die Erkenntnis, dass die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme aufgrund der demographischen Entwicklung alles andere als sicher ist. Die Zahl – nicht nur der Anteil – der versorgungsberechtigten Älteren wird bis zur Jahrhundertmitte explosionsartig zunehmen. Gleichzeitig nimmt die Gruppe der Jüngeren implosionsartig ab.

Der Verteilungsstress zwischen den Generationen wächst, das Land spaltet sich in wachsende und schrumpfende Bundesländer, in einigen Großstädten wird bei der jüngeren Generation die bisherige deutsche Mehrheitsbevölkerung schon in wenigen Jahren eine Minderheit sein.

Unser nächster Gast, Professor Dr. Herwig Birg, einer der weltweit bekanntesten Bevölkerungswissenschaftler, hat diesen Bevölkerungsschwund in seinen Konsequenzen seit langen Jahren analysiert und versucht, Politik und Öffentlichkeit wachzurütteln. Erst jetzt – vor allem seit seinem Gutachten im Rahmen der Sachverständigenanhörung des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe am 4. Juli 2000 (Urteil zur Pflegeversicherung vom 3. April 2001) – findet er Gehör.


 

zur Person:

birg_herwigHerwig Birg wurde 1939 in Heufeld, Banat (Jugoslawien) geboren.

Von 1945 bis 1947 – Internierung der Familie in Jugoslawien.
1959 Abitur in Künzelsau / Baden-Württemberg.
1959 bis 1962 – Studium an der TH Stuttgart und der Hochschule für Gestaltung in Ulm / Donau.
1962 – Beginn des Studiums der Volkswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin, das er 1967 mit dem Diplom abschließt.
1970 – Promotion zum Dr. rer. pol. an der Freien Universität Berlin.
1969 bis 1981 – Lehrtätigkeit an Berliner Hochschulen und Universitäten.
1979 – Habilitation am Fachbereich für Gesellschafts- und Planungswissenschaften an der Technischen Universität Berlin.
1981 bis 2004 – Lehrstuhl für Bevölkerungswissenschaften, Universität Bielefeld. Geschäftsführender Direktor des Instituts für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik (IBS) an der Universität Bielefeld. Weitere Informationen finden Sie unter: www.herwig-birg.de.

Professor Birg hatte zahlreiche andere Funktionen inne. Unter anderem war er:
– Vorstandsmitglied der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (1991 / 92)
– Präsident der Deutschen Gesellschaft für Demographie (2001 bis 2004)
– Mitglied der United Nations Expert Group on World Population (2003 / 04)
– Gründungs- und Vorstandsmitglied des Instituts für Demographie, Allgemeinwohl und Familie (seit 2005)

Professor Birg ist zudem Herausgeber oder Mitherausgeber wichtiger wissenschaftlicher Zeitschriften sowie Autor zahlreicher Bücher, wissenschaftlicher Abhandlungen und Gutachten. Unter anderen:

– Die Weltbevölkerung – Dynamik und Gefahren (2004), – Die demographische Zeitenwende. Der Bevölkerungsrückgang in Deutschland und Europa  (2003), – Die ausgefallene Generation. Was die Demographie über unsere Zukunft  sagt (2005), – Auswirkungen und Kosten der Zuwanderung nach Deutschland (Gutachten im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren),

– Perspektiven der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland und Europa – Konsequenzen für die sozialen Sicherungssysteme (2000) (Gutachten für das Bundesverfassungsgericht)