Glaubt man den Umfragen, ist die Zufriedenheit mit dem Funktionieren unserer Demokratie so gering wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Enttäuschung, Resignation, Wut, Klage dominieren, gepaart mit einem tief sitzenden Misstrauen gegenüber Politik, Politikern, Parteien. Nur ein Beispiel aus einer Umfrage, sie stammt aus dem vorigen Jahr, von der technischen Universität Dresden. Bundesweit wurden 1,835 Menschen befragt. Nach dieser Studie vertrauen nur rund 4% der Deutschen den Parteien, 11% dem Deutschen Bundestag. Dagegen glauben dem Bundesverfassungsgericht 44% der Befragten, der Polizei 40%, der Justiz 31%. Auch die Medien – Zeitungen mit 14%, das Fernsehen mit 15% – liegen noch vor dem Parlament mit 11%, der Bundesregierung mit 8% und eben den Parteien mit ihren 4%. Professor Patzelt, der die Untersuchung verantwortet, resümiert in einem einzigen Satz: “Wer Parteien wenig vertraut, hat auch wenig Zutrauen zum Parlament.”
Nicht nur solcherart Umfrageergebnisse, also Stimmungsberichte, sondern auch geringer werdende Wahlbeteiligung und Wahlerfolge rechtsextremer Parteien sind weitere Symptome für denselben Befund, für den Vertrauensverlust der Demokratie. Ich weiß nicht, ob man schon dramatisieren muss und sagen sollte, das sei ein Demokratie gefährdender Vertrauensverlust. Es ist jedenfalls beunruhigend. Und wir haben nach Gründen zu suchen. Ich nenne nur einige (und die Aufzählung ist gewiss unvollständig.):
– Fehler und Fehlverhalten von Politikern;
– falsche Versprechungen: der Überschuss an “Verheißungen”, der jeden Kraftakt an Reformen begleitet, und die immer folgende Enttäuschung bei der Umsetzung und Verwirklichung von Reformen:
– die – gelegentlich autoritäre Züge annehmende – Fixierung auf Staat und Politiker – was diese alles zustandebringen sollen! – und die regelmäßige Enttäuschung dieser Erwartungen, die auf direktem Weg zur Verachtung des politischen Personals führt:
– die Zumutungen und Schmerzen, die jede Veränderung, jede Reformpolitik erzeugt bis hin zu Verlust- und Überforderungsängsten (die ja nun wahrlich nicht eingebildete Ängste sind angesichts von Massenarbeitslosigkeit und sozialer Verunsicherung höchst verständlich);
– die Wahrnehmung einer größer werdenden Diskrepanz zwischen dem Tempo und der Reichweite ökonomischer Prozesse und Entscheidungen einerseits und der Langsamkeit und (nationalstaatlichen) Begrenztheit politischer, demokratischer Prozesse und Entscheidungen andererseits (vgl. z. B. Fusion von Vodafone/Mannesmann);
– diese Ungeduld und Verdruss erzeugende Diskrepanzwahrnehmung wird verschärft durch die Massenmedien: das eilige Medium Fernsehen, die Tendenz zur Boulevardisierung (den Unterhaltungszwang), zur Skandalisierung und zur Hysterisierung politischer Kommunikation …
Inzwischen seien Talkshows wichtiger als parlamentarische Kommunikation. So ist das Stereotyp, die ständig wiederholte Klage vom Bedeutungsverlust des Parlaments, die Klage auch darüber, dass die Reden bzw. Redner im Parlament schlechter geworden sind.