Podiumsdiskussion: Polen zwischen Deutschland und Russland

Veranstaltung am 28. März 2009

Podiumsdiskussion des Deutsch-Polnischen Forums mit Gunter Hofmann, Adam Krzeminski und Mikhail Logvinov

Das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland wird von Polen mit wachsamem Misstrauen verfolgt, denn wann immer das Land zwischen die Fronten der beiden Staaten geriet, war sein Schicksal besiegelt. Dies war bei den Teilungen 1772, 1793 und 1795 ebenso, wie zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Diese Erfahrungen haben ein polnisches Trauma verursacht, mit dem sowohl die Deutschen als auch die Russen noch heute rechnen müssen – zum Beispiel, wenn das Verhältnis zwischen einem deutschen Bundeskanzler und einem russischen Präsidenten so freundschaftlich eng ist, dass es aus polnischer Sicht nur eine Frage der Zeit sein kann, dass sich dies zum Nachteil Polens entwickelt. Die von Gerhard Schröder und Wladimir Putin ausgehandelte Ostsee-Pipeline wurde als Angriff auf zentrale polnische energiepolitische Interessen empfunden und hat das polnische Misstrauen einmal mehr bestärkt, zumal Polen nicht einmal konsultiert wurde.

Ob es um den Einfluss der Deutschen innerhalb der EU, um die korrekte Interpretation der jüngsten Vergangenheit, oder um US-Raketen an der polnischen Ostgrenze geht: stets ist dieses tief sitzende Misstrauen der Polen gegen die beiden Nachbarn Deutschland und Russland spürbar. Schutz und Einfluss sucht Polen bei der NATO, der EU und insbesondere auch bei den USA.

Mit unserem Colloquium und der anschließenden öffentlichen Podiumsdiskussion wurden die unterschiedlichen Interessenlagen und die daraus resultierende Politikpraxis der drei Staaten Deutschland, Polen und Russland analysiert. Insbesondere stand dabei die mentale Lage der Polen im Mittelpunkt der Debatten. Die Ursachen ihrer von vielen als völlig überzogen gehaltenen Empfindlichkeiten, Ängsten und Anklagen wurden ergründet und anschließend darüber nachgedacht, welche Konsequenzen dies für die deutsch-polnisch-russischen Beziehungen haben kann.


 

Biografien:

hofmann.jpgDr. Gunter Hofmann, geboren 1942, hat Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie in Frankfurt/Main und Heidelberg studiert. Nach seiner Promotion arbeitete er sieben Jahre als Korrespondent für die STUTTGARTER ZEITUNG in Bonn. 1977 wechselte er in das Bonner Büro der Wochenzeitung DIE ZEIT. Später wurde er deren Chefkorrespondent in Berlin. Für sein Buch „Abschiede, Anfänge – Die Bundesrepublik, eine Anatomie“ erhielt er 2002 den Preis der Friedrich-Ebert-Stiftung für das beste politische Buch des Jahres.

 
adam_krzeminski_bc0ef985dfkrzeminski_polityka.jpgDr. Adam Krzeminski, geboren 1945, studierte in Warschau und Leipzig Germanistik. Nach seinem Studium begann er seine journalistische Tätigkeit. Seit 1973 ist er Redakteur des polnischen Wochenmagazins POLITYKA. Krzeminski schreibt u.a. für DIE ZEIT als Gastautor über die deutsch-polnischen Verhältnisse. Für seine Bemühungen um die deutsch-polnischen Beziehungen erhielt er zahlreiche Preise, darunter die Goethe-Medaille (1993), das Große Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland (1996) und den Viadrina-Preis der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder (2006).
logvinov.jpgDr. Mikhail Logvinov, geboren 1979, studierte in Wolgograd Philologie und Pädagogik und promovierte anschließend in Philologie. Seit 2004 ist er stellvertretender Chefredakteur der russischen politikwissenschaftlichen Zeitschrift FRAGEN DER POLITIK (VOPROSY POLITIKI). ). Seit 2007 ist er freier Journalist für die Russische Informationsagentur (RIA) Novosti. Überdies schreibt er für die Internetzeitung russland.ru und Eurasisches Magazin. Gefördert durch die Hans-Seidel-Stiftung e.V. arbeitet Michail Logvinov seit 2007 an seiner Zweitpromotion im Fachbereich Politikwissenschaft in Chemnitz. Gegenwärtig lebt und arbeitet er in Chemnitz.