S.E. Dr. Jerzy Margański, Botschafter der Republik Polen in Deutschland spricht zu dem Thema:
Polen und Deutschland in Europa
Seit einiger Zeit geistert ein kleiner Film durch das Internet.
Titel: Geschichte im Zeitraffer – 1000 Jahre Grenzveränderungen in Europa in drei Minuten.
Was sich da abspielt, ist eine rasende Abfolge von Grenzveränderungen, denen das Auge kaum folgen kann. Richtet man den Blick auf zwei Nachbarländer, zeigt dies: Polen groß, Polen kleiner, Polen ganz verschwunden, Polen wieder da. Deutschland klein und zerrissen, Deutschland groß, Deutschland kleiner, Deutschland geteilt, Deutschland wiedervereinigt.
Mit jeder Grenzveränderung war mit Sicherheit Tod und Verderben, war unendliches Leid von unschuldigen Menschen verbunden. Dies im Bewusstsein der heute Lebenden muss zu der Erkenntnis führen: Die Europäische Union ist das größte Friedensprojekt, das dieser blutgetränkte, geschundene Kontinent in seiner Geschichte jemals zustande gebracht hat.
An dieser Erkenntnis muss sich jede europäische Politik im Heute und Jetzt orientieren. Dies gilt auch für die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland, die eine besonders leidvolle Vergangenheit verbindet. Die besondere Schuld Deutschlands und das Bedürfnis, diese zu erkennen und zu heilen, kommt in dem Kniefall Willy Brandts vor dem Ehrenmal der Helden des Ghettos in Warschau am 7. Dezember 1970 in einer besonders berührenden Weise zum Ausdruck.
Sind sich die handelnden Politiker beider Länder dieser Verantwortung bewusst? Schützen sie das Haus Europa vor zunehmenden Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit? Ist die Vertiefung der Europäischen Union zu einem europäischen Bundesstaat mehr als nur ein Lippenbekenntnis?
Ist Deutschland zu dominant? Finden Deutschland und Polen in ihrer Politik gegenüber Russland eine gemeinsame Linie? Tun beide Länder genug, um die Menschen zueinander zu bringen – so, wie das Frankreich und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg beschlossen und auf eine vorbildliche Weise verwirklicht haben?
Die deutsch-polnischen Beziehungen nehmen in der Arbeit unseres ost-west-
forums einen besonderen Platz ein. Mit den deutsch-polnischen Biografiegesprächen, unseren Colloquien und Konferenzen zu wichtigen bilateralen Themen tragen wir dazu bei, den Brückenbau solide zu gestalten. Unser gerade anlaufendes Projekt: „Erinnerungskultur in Polen und Deutschland“ gehört ebenso dazu, wie der geplante Austausch junger Leute zu sozialen Projekten im Rahmen der Gödelitzer WerteAkademie.
Wir freuen uns, S. E. Dr. Jerzy Margański auf Gut Gödelitz begrüßen zu dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Schmidt-Gödelitz, Vorsitzender