Rückblick: Vortrag und Gespräch am 20.6.2015, 18:00 Uhr auf Gut Gödelitz

© Botschaft der Republik Polen in Berlin

© Botschaft der Republik Polen in Berlin

S.E. Dr. Jerzy Margański,  Botschafter der Republik Polen in Deutschland spricht zu dem Thema:

Polen und Deutschland in Europa

Seit einiger Zeit geistert ein kleiner Film durch das Internet.

Titel: Geschichte im Zeitraffer – 1000 Jahre Grenzveränderungen in Europa in drei Minuten.

Was sich da abspielt, ist eine rasende Abfolge von Grenzveränderungen, denen das Auge kaum folgen kann. Richtet man den Blick auf zwei Nachbarländer, zeigt dies: Polen groß, Polen kleiner, Polen ganz verschwunden, Polen wieder da. Deutschland klein und zerrissen, Deutschland groß, Deutschland kleiner, Deutschland geteilt, Deutschland wiedervereinigt.

Mit jeder Grenzveränderung war mit Sicherheit Tod und Verderben, war unendli­ches Leid von unschuldigen Menschen verbunden. Dies im Bewusstsein der heute Lebenden muss zu der Erkenntnis führen: Die Europäische Union ist das größte Friedensprojekt, das dieser blutgetränkte, geschundene Kontinent in sei­ner Geschichte jemals zustande gebracht hat.

An dieser Erkenntnis muss sich jede europäische Politik im Heute und Jetzt orientieren. Dies gilt auch für die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland, die eine besonders leidvolle Vergangenheit verbindet. Die besondere Schuld Deutschlands und das Bedürfnis, diese zu erkennen und zu heilen, kommt in dem Kniefall Willy Brandts vor dem Ehrenmal der Helden des Ghettos in Warschau am 7. Dezember 1970 in einer besonders berührenden Weise zum Ausdruck.

Sind sich die handelnden Politiker beider Länder dieser Verantwortung be­wusst? Schützen sie das Haus Europa vor zunehmenden Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit? Ist die Vertiefung der Europäischen Union zu einem europäischen Bundesstaat mehr als nur ein Lippenbekenntnis?

Ist Deutschland zu dominant? Finden Deutschland und Polen in ihrer Politik ge­genüber Russland eine gemeinsame Linie? Tun beide Länder genug, um die Menschen zueinander zu bringen – so, wie das Frankreich und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg beschlossen und auf eine vorbildliche Weise verwirklicht haben?

Die deutsch-polnischen Beziehungen nehmen in der Arbeit unseres ost-west-

forums einen besonderen Platz ein. Mit den deutsch-polnischen Biografiegesprächen, unseren Colloquien und Konferenzen zu wichtigen bilateralen Themen tragen wir dazu bei, den Brückenbau solide zu gestalten. Unser gerade anlaufendes Projekt: „Erinnerungskultur in Polen und Deutschland“ gehört ebenso dazu, wie der geplante Austausch junger Leute zu sozialen Projekten im Rahmen der Gödelitzer WerteAkademie.

 

Wir freuen uns, S. E. Dr. Jerzy Margański auf Gut Gödelitz begrüßen zu dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

Axel Schmidt-Gödelitz, Vorsitzender

Zur Person: S.E. Dr. Jerzy Margański

Jerzy Margański wurde am 27. Juli 1955 in Tarnobrzeg geboren. Von 1975 bis 1976 war er als Techniker im Woiwodschaftsamt für Telekommunikation in Tarnobrzeg tätig. Anschließend studierte er von 1976 bis 1985 Philosophie an der Jagiellonen-Universität in Krakau, von 1985 bis 1989 hielt er sich als Dokto­rand an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau auf. 1990 pro­movierte er – wieder an der Krakauer Universität – zum Doktor der Philosophie.

Zwischen 1990 bis 1995 war er als zweiter und erster Sekretär im Botschaftsrat an der Botschaft der Republik Polen in Bonn tätig. Von 1995 bis 1997 arbeitete er im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten – zunächst als stellvertreten­der Direktor und als Direktor in der Abteilung Europa I, später als Direktor der Abteilung für Westeuropa.

Zwischen 1997 und 1999 leitete er die Außenstelle der polnischen Botschaft in Berlin.

Anschließend war er bis 2001 Direktor des Ministerbüros im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten. Von 2001 bis 2005 war Dr. Jerzy Margański Bot­schafter in Bern. Danach arbeitet er bis 2008 in verschiedenen Abteilungen im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten.

Von 2008 bis 2012 war er Botschafter in Wien. Seit Februar 2013 ist Dr. Margański Botschafter der Republik Polen in der Bundesrepublik Deutschland.