Darüber hinaus misstrauen sie den Gründen, die die Bush-Administration für diesen Krieg ins Feld führt. Viele glauben, dass wirtschaftliche Interessen und eine weltweite Neuordnung der Machtverhältnisse zu Gunsten der USA die wirklichen Gründe sind. Die Ablehnung des “Kyoto-Klimaschutzprotokolls” oder das harsche Nein gegen die Errichtung eines Weltstrafgerichtshofes haben diesen Stimmungsumschwung klimatisch mit vorbereitet. Aber auch die Angst, der Krieg werde letztlich den transnationalen Terrorismus nicht schwächen sondern ihm – vor allem in der muslimischen Welt – neue Anhänger in die Arme treiben, begründet die ablehnende Haltung gegen diesen geplanten Präventionskrieg.
Die Bundesregierung hat sich in dieser Haltung besonders exponiert. Sie lehnt den Krieg auch dann ab, wenn der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zustimmen sollte. Obwohl sie sich damit auf die Zustimmung der Bevölkerung stützen kann, wird diese Haltung von vielen Kritikern als diplomatisch besonders unklug bewertet. Sie hat sich darüber hinaus auch mitten ins Fadenkreuz der amerikanischen Regierungskritik manövriert.
Wie wird sich dies alles künftig auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen auswirken? Politisch, militärisch, wirtschaftlich, kulturell? Und: Sind die Beziehungen zwischen den beiden Staaten und ihren Bevölkerungen wirklich und nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen? Ist es möglich, dass eine so tief verwurzelte Freundschaft zwischen zwei Staaten und Gesellschaften in so kurzer Zeit so tiefe Risse bekommt? Wissen wir zu wenig voneinander – von unserer Geschichte, unseren Traditionen, unseren Werten, unseren Ängsten?
Ist dies nicht auch eine Chance, einmal ernsthaft darüber zu reden – und was sollten wir tun, um diese Chance wahrzunehmen? Die Medien diesseits und jenseits des Atlantiks wären dafür essentiell – wären sie als Mittler dazu bereit?
Einer, der die Rolle des Mittlers bereits wahrnimmt, der als Amerikaner in Deutschland lebt und beide Seiten bestens kennt, ist Dr. Jeffrey Gedmin. Als Direktor des Aspen Institutes in Berlin versucht er, durch Vorträge, Zeitungsartikel, Radio und Fernsehauftritte die Positionen der Bush-Regierung – aber auch die Stimmungslage der amerikanischen Bevölkerung verständlich zu machen. Dabei bezieht er hinsichtlich der Notwendigkeit eines Feldzuges gegen Saddam Hussein eindeutig Position. Aber als Kenner der deutschen und europäischen Gesellschaften kann er auch in den Vereinigten Staaten um Verständnis für die Beweggründe der Europäer werben. Die Fähigkeiten dazu besitzt er: Als begabter “Kommunikator”hat er den früher eher elitären Dialog im Aspen Institute jetzt auf eine breitere Bevölkerung hin erweitert: Aus der versteckten ehemaligen Goebbels-Villa am Wannsee hat er ihn mitten in die Stadt getragen und einen “transatlantischen Marktplatz der Ideen” geschaffen. Im noblen Hotel Adlon wie auch im Coffee-Shop in Berlin-Mitte oder in einer Kreuzberger Kneipe.
Zur Person Jeffrey Gedmin:
Geboren 1958 in Washington D.C., verließ Jeffrey Gedmin 1982 die American University in Washington mit dem Master of Arts (Musik, Nebenfach Deutsch). Während seines Studiums war er Gasthörer an den Universitäten in Salzburg, Erfurt und Jena.
1990 wurde ihm von der Georgetown University in Washington der Doktortitel verliehen im Bereich “German Area Studies”.
Nach einer jahrelangen Tätigkeit im American Enterprise Institute für politische Forschung in Washington, wurde er Direktor der New Atlantic Initiative, einem Interessenverbund internationaler Institute, bis er zum Leiter des Aspen-Institut in Berlin berufen wurde.