Sächsische Zeitung – Fraunhofer Institut statt Umgehungsstraße

30. Januar 2006

„Es sind mittlerweile alle wirtschaftsfördernden Instrumente der alten Bundesrepublik ausprobiert worden – trotzdem ist die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern doppelt so hoch wie in den alten“, erzählt Ulrich Kasparick. Er ist seit 1998 Mitglied des Bundestages, war unter anderem Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung und wechselte im November ins Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das unter Minister Wolfgang Tiefensee auch für den „Aufbau Ost“ verantwortlich ist. Er sprach am Samstagabend auf dem ost-west-forum auf Gut Gödelitz zum Thema „Rohstoff Forschung“.

„Wir müssen umdenken. Der Aufbau eines Fraunhofer-Instituts kostet soviel wie zehn Kilometer Straße – und schafft mit der Industrieforschung neue Werte“, so Ulrich Kasparick. „Wir sollten uns deswegen von der einen oder anderen Umgehungsstraße verabschieden, denn bei vielen ist fraglich, ob diese in rund zehn Jahren wegen Abwanderung und Überalterung der Bevölkerung überhaupt noch genutzt werden.“ Dass er damit ein heißes Thema anspricht, ist ihm bewusst, aber „wir müssen es endlich schaffen, die ostdeutsche Wirtschaft an die europäischen Innovationsprozesse anzukoppeln“, so Ulrich Kasparick. „Wer heute nicht entwickelt, der produziert morgen nicht mehr“, und zu viele kleine und mittelständische Unternehmen in Ostdeutschland würden sich aus der Forschung heraushalten. Um Arbeitsplätze zu schaffen oder zu erhalten, müssten Innovationen und Weiterentwicklungen her.

Dabei ist der Aufbau von Forschungszentren in den neuen Bundesländern noch nicht sehr weit fortgeschritten. Einzig Dresden habe den Anschluss an die alten Bundesländer gefunden, indem sich die dortigen Forschungseinrichtungen unter anderem mit der Materialforschung profilierten. Dresden hat mittlerweile mehr Fraunhofer-Einrichtungen als Stuttgart. „Da hängen rund 25.000 Arbeitsplätze dran“, so Ulrich Kasparick. Dennoch wird Dresden nicht durch die neuen „Exzellenzprogramme“ der Bundesregierung gefördert. „Dass Problem ist, dass die Kluft zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Regionen immer schneller immer größer wird. „Die „Exzellenzprogramme“ haben da ihren Anteil daran“, so Kasparick. Zudem wirbt er für mehr Kooperation, sowohl der Lehreinrichtungen untereinander, als auch von Wirtschaft und Forschung. „Wir müssen die stärksten Regionen thematisch ausbauen, wir brauchen Mut zur Profilbildung um im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können.“

André Braun