Wer diesen hohen Ansprüchen genügen will, sollte sich über wichtige Grundlagen seines politischen Handelns im Klaren sein: Für welche Gesellschaftsordnung setzt er sich ein? Welches Menschenbild trägt diese Gesellschaftsordnung? Welche Werte müssen unbedingt beachtet und gelebt werden, um den inneren Zusammenhalt, die innere Friedensfähigkeit und Prosperität der Gesellschaft zu bewahren?
Macht sich die politische Elite unseres Landes darüber Gedanken? Und wenn ja: Ist das für die Bevölkerung erkennbar? Die entsprechenden Umfragewerte sind verheerend. Was den Wählern auffällt, sind andere Prioritäten: Macht, Imagefragen, Karrieren.
Um aus dieser teilweise auch ungerechten Pauschalisierung heraus zu kommen, haben wir einen ehemaligen Spitzenpolitiker eingeladen, dessen Glaubwürdigkeit stets unbestritten war: Reinhard Höppner. Er hat eine steile politische Karriere hinter sich, acht Jahre war er Ministerpräsident von Sachsen Anhalt: ein Leben voller Verantwortung, voller Termine, ständig zwischen Gemeinwohl und Einzelinteressen, die Medien ebenso im Blick wie Parteifreunde und Gegner.
Mit den Landtagswahlen 2002 kam der tiefe politische Sturz. Persönlich zerbrach er nicht daran. Seine Familie und der christliche Glaube gaben ihm Halt und Orientierung. Es folgten Jahre des Rückzugs und der Selbstbesinnung. Welche Erkenntnisse hat er daraus gezogen? Wie beurteilt er sein Leben als Spitzenpolitiker im Rückblick? Was kann er jungen Menschen, die sich politisch engagieren, mit auf den Weg geben?
zur Person:
Reinhard Höppner wurde am 2. Dezember 1948 in Haldensleben geboren. Nach dem Abitur 1967 an der Erweiterten Oberschule (EOS) in Elterwerda und der Berufsausbildung zum Elektromonteur begann er eine Studium der Mathematik an der TU Dresden, das er 1971 als Diplom-Mathematiker und schließlich 1976 mit der Promotion zum Dr. rer. nat abschloss.
1989 schloss er sich der SDP/SPD an. Im März 1990 wurde er Abgeordneter der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR und amtierte dort als einer der Vizepräsidenten.
Mit der Neukonstituierung der ostdeutschen Länder wechselte Höppner als Mitglied des Landtages und Vorsitzender der dortigen SPD-Fraktion nach Sachsen-Anhalt.
Mit den Landtagswahlen 1994 verlor der bisherige Ministerpräsident Christoph Bergner seine parlamentarische Mehrheit; Reinhard Höppner bildete zusammen mit den Grünen eine Koalitionsregierung – auch ohne eigene Mehrheit – unter Tolerierung der PDS.
Höppner wurde zum Ministerpräsidenten gewählt. Bei den Landtagswahlen 1998 wurde die SPD erstmals stärkste Fraktion, ihr Koalitionspartner Die Grünen scheiterten jedoch an der Fünf-Prozent-Hürde. Höppner bildete nun eine von der PDS tolerierte SPD-Alleinregierung.
Bei den Landtagswahlen 2002 ergaben sich erneut dramatische Verschiebungen – diesmal zu Lasten der SPD (-15%). Die CDU gewann in gleichem Umfang (+15,3) und bildete zusammen mit der FDP (+13,3%) unter Ministerpräsident Wolfgang Böhmer die neue Landesregierung.
Nach achtjähriger Amtszeit als Ministerpräsident zog sich Reinhard Höppner als Konsequenz der schweren Wahlniederlage aus allen Parteiämtern zurück – ist aber weiterhin in der SPD-Fraktion Mitglied des Magdeburger Landtages.
Am 29. Oktober 2005 wurde Reinhard Höppner zum Präsidenten des Deutschen Evangelischen Kirchentags gewählt.
Reinhard Höppner ist verheiratet und Vater von drei Kindern.