Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Mehrländer: “Mit begrenzten Mitteln zurück zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten.”

Veranstaltung am 18. April 2009

“Mit begrenzten Mitteln zurück zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten.” Vortrag und Diskussion mit der Direktorin der Checkpoint Charlie Stiftung Dr. Andrea Mehrländer

Was versteht der durchschnittliche Amerikaner des 21. Jahrhunderts unter Freiheit, Gleichheit und dem Streben nach Glück? Warum setzen Amerikaner staatliche Hilfe in Krisenzeiten mit Sozialismus gleich und ängstigen sich davor? Wie viel Sicherheit benötigt ein heutiger Amerikaner, um sich geschützt zu fühlen? Braucht es dazu Waffen in der häuslichen Wohnung?

 

Die Vereinigten Staaten von Amerika werden seit Januar 2009 erstmals seit ihrer Gründung von einem afro-amerikanischen Präsidenten regiert. Vor dem 47jährigen Demokraten Barack Obama stehen Herausforderungen, die nur wenige seiner 43 Vorgänger in den vergangenen 220 Jahren zu bewältigen hatten: Die USA befinden sich derzeit in der tiefsten Krise der Neuzeit – nach mehreren außenpolitischen Desastern der Bush-Ära ist eine diesbezügliche Neuorientierung dringend erforderlich, die Wirtschaftsrezession hat gigantische Defizite entstehen lassen und auch psychologisch gilt es, das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ wieder zu dem zu machen, was es einst war: Eine Insel der Hoffnung für Millionen Auswanderer aus allen Teilen der Welt, die in Amerika zuerst religiöse, später politische Freiheit suchten und fanden.

Barack Obama hat seinen Wahlkampf unter dem Slogan „CHANGE“ (Wandel) geführt. Seit dem Tag seiner Amtseinführung, dem 20. Januar 2009, steht der junge Präsident für die menschgewordene Hoffnung, auf die so viele seiner Landsleute gesetzt haben. Bisher hat er politisch von Vorschusslorbeeren gelebt. Seine Unterstützer hoffen weltweit, dass es ihm gelingen wird, Amerika aus der politischen, wirtschaftlichen und psychologischen Krise zu führen. Dabei gilt es vor allem, den ursprünglichen Werten, für die Amerika stand, weltweit wieder zu gesellschaftlichem Ansehen zu verhelfen. Zugleich sollen diese Werte erneut im Alltag des Durchschnittsamerikaners verankert werden.

Diese traditionellen Werte, in den amerikanischen Gründungsdokumenten verbrieft, sollen auf ihre heutige Alltagsbedeutung hin untersucht werden: Dazu gehört die Anerkennung der Gleichheit aller Menschen, das Recht auf Freiheit, das Recht auf religiöse Freiheit, das Recht, Waffen zu tragen und das Streben nach Glück.
Kein geringerer als Präsident Benjamin Franklin hat um 1790 gesagt: „Wer Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu erlangen, hat weder Freiheit noch Sicherheit verdient.“ Präsident Bush jun. hat dieses Zitat offensichtlich nicht gekannt oder es nicht beherzigt:

Der Wert „Freiheit“ wurde in der achtjährigen Bush-Administration für den Wert „Sicherheit“ praktisch aufgegeben, was an zahlreichen Gesetzen und Verordnungen vom pädagogischen bis hin zum militärischen Bereich nachweisbar ist. Für die „Sicherheit der Nation“ wurden unter Bush nach 2001 Schulden in gigantischen Ausmaßen – beispielsweise in China – aufgenommen, das amerikanische Schulsystem wurde zu einer nationalen Aufbewahrungsanstalt ohne Elitenförderung degradiert, die religiöse Freiheit zur Stärkung fanatischer Evangelikalen-Kulte missbraucht und der freiheitlichen amerikanischen Gesellschaft durch eine weitgehend gelenkte Presse eine „Angstkultur“ verordnet, die zum Protektionismus und zur Selbst-Isolation von der restlichen Welt – vor allem Europa – führte.

Was versteht der durchschnittliche Amerikaner des 21. Jahrhunderts unter Freiheit, Gleichheit und dem Streben nach Glück? Warum setzen Amerikaner staatliche Hilfe in Krisenzeiten mit Sozialismus gleich und ängstigen sich davor? Wie viel Sicherheit benötigt ein heutiger Amerikaner, um sich geschützt zu fühlen? Braucht es dazu Waffen in der häuslichen Wohnung? Anhand der oben genannten Werte zeichnete Andrea Mehrländer ein Charakterbild des heutigen Amerika und der amerikanischen Durchschnittsgesellschaft, das Erklärungsmuster für die gegenwärtige US-Politik, aber auch für die neue Annäherung im deutsch-amerikanischen Verhältnis bot.


 

Zur Person:

a_mehrlaender_h.jpgAndrea Mehrländer wurde 1968 in Berlin geboren. Ihr Studium absolvierte sie in den Fächern Geschichte, Englisch, Soziologie und Psychologie an der Technischen Universität Berlin sowie am Whitworth College in den USA. Nach ihrem Referendariat im Schuldienst in Berlin und der Promotion an der Ruhr-Universiät in Bochum lehrte sie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Fachbereich American Studies. 1998 übernahm sie die wissenschaftliche Leitung des Zentrums für USA-Studien an der Stiftung Leucorea in Lutherstadt Wittenberg. Seit April 2001 ist Frau Dr. Mehrländer bei der Checkpoint Charlie Stiftung als geschäftsführende Direktorin tätig.

Sie ist Expertin für nordamerikanische Geschichte des 19. Jahrhunderts. Ihre Forschungsschwerpunkte sind neben der Auswanderungsgeschichte die historischen Ereignisse des Bürgerkriegs und der Sklaverei.

Die Checkpoint Charlie Stiftung wurde 1994 vom Land Berlin mit dem Ziel gegründet, die deutsch-amerikanischen Beziehungen unter besonderer Berücksichtigung der Rolle der USA in den Jahren nach 1945 zu pflegen.