“Man sollte schon aufpassen, wo man zum Beispiel bei der nächsten Bundestagswahl sein Kreuz macht.”
Das Ost-West-Forum hatte am Sonnabend wieder zu einer hochkarätig besetzten Veranstaltung in die alte Schäferei des Gut Gödelitz eingeladen. Zu Gast war der ARD-Fernsehjournalist Sascha Adamek. Adamek ist unter anderem für die ARD-Politmagazine Monitor und Klartext tätig – und neuerdings auch als Schriftsteller. Er hat als Co-Autor das Buch „Der gekaufte Staat“ verfasst. Darin geht es um die Arbeit der Lobbyisten deutscher Unternehmen im Bundestag oder Europaparlament. Eines wollte Adamek von Anfang an klarstellen: „Lobbyismus an sich ist nichts Schlechtes, sondern schon lange Teil der parlamentarischen Arbeit.“ Das Problem in Deutschland: Lange wusste niemand, dass in den Bundesministerien mehrere hundert, von Großunternehmen geschickte Mitarbeiter sitzen und in der Gesetzgebungsmaschinerie mitarbeiten.
Adamek berichtete in freier Rede über seine Recherchen und gab erstaunliche Details bekannt: Fachleute von Daimler wirkten laut Adamek bei der Planung der Autobahn-Maut im Verkehrsministerium mit oder Deutsche-Bank-Mitarbeiter im Finanzministerium. „Teilweise wurden die Gesetzesvorlagen von den Lobbyisten geschrieben“, so Adamek. Eingeführt hat das Ganze übrigens die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder.
Im zweiten Teil des Abends widmete sich Adamek dem deutschen Steuersystem. Er veröffentlicht demnächst ein Buch, dass sich mit dem Thema befasst. Auch hier kamen die Zuhörer aus dem Staunen nicht mehr heraus: Ein Fünffach-Millionär bezahle zum Beispiel weniger Steuern, als eine normale Doppelverdiener-Familie. Auch gebe es zu wenige Kontrollen. Dabei würden besonders die großen Unternehmen kaum unter die Lupe genommen. Einfach weil die Mitarbeiter der Finanzämter dazu angehalten sind, möglichst viele „Fälle“ – also Unternehmen, abzuarbeiten – gleichgültig, ob der Jahresumsatz 30 000 oder 3 Milliarden Euro beträgt.
Nach einer Stunde Vortrag zu den teilweise sehr komplexen Problemen gab es noch eine Diskussionsrunde. „Was würden Sie den angesichts ihrer Recherchen vorschlagen?“, wurde Adamek gefragt. „Ich bin nur Journalist. Aber man sollte schon aufpassen, wo man zum Beispiel bei der nächsten Bundestagswahl sein Kreuz macht“, lautete die Antwort.