Im Ost-West-Forum auf Gut Gödelitz spricht sich Markus Ulbig für leichtere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse aus.
07.03.2011 von Bärbel Schumann
Braucht Sachsens Wirtschaft ausländische Fachkräfte? Auf Einladung des Ost-West- Forums auf Gut Gödelitz stellte Sachsens Innenminister Markus Ulbig seine Gedanken und Überlegungen zu diesem Thema vor. Der Minister zeigte Zusammenhänge zur demografischen Entwicklung und wissenschaftlich fundierte Zukunftsprognosen auf, vor denen keiner die Augen verschließen kann.
Im Freistaat leben derzeit 4,2 Millionen Menschen. 2020 werden es nur noch 3,9 Millionen sein. Das sind dann eine Million weniger, als es 1990 waren. Das entspricht etwa der Einwohnerzahl von Leipzig und Dresden. „Das Durchschnittsalter der Sachsen beträgt gegenwärtig 46 Jahre. Das ist nach Sachsen-Anhalt der zweithöchste Wert in der Bundesrepublik“, sagte Ulbig. Und diese demografische Entwicklung in Sachsen setze sich fort. Das hat in der Wirtschaft zum Beispiel zur Folge, dass ab 2014 mehr Menschen in den Ruhestand gehen, als neue in das Arbeitsleben eintreten werden. Das wirkt sich auch auf den Fachkräftebedarf aus. In Sachsen könne der aus eigener Kraft deshalb nicht gedeckt werden. „Dabei ist noch nicht einmal die Abwanderung aus Deutschland berücksichtigt“, erklärte der Innenminister.
„Sachsen hat die Wirtschaftskrise gut gemeistert. Aber die Wirtschaft kann nur wachsen, wenn sie auch über das dafür notwendige Potenzial an Fachkräften verfügt. Trotz einer Arbeitslosenquote von zwölf Prozent gab es 2010 in Sachsen 11.000 Fachkräftestellen, die nicht besetzt waren“, erklärte Markus Ulbig. Diese Fachkräfte seien aber kaum durch die jetzigen Arbeitslosen zu gewinnen. Von denen hätten rund 20 Prozent keinen Schul- oder Ausbildungsabschluss. „Wir tun uns aber auch schwer, ausländische Abschlüsse anzuerkennen. Hier muss unbedingt etwas getan werden.“
Der Minister forderte, die Voraussetzungen für die Zuwanderung von Fachleuten zu erleichtern. Akademiker und Ingenieure müssten ein Jahreseinkommen von mindestens 66.000 Euro nachweisen, um eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung für zwei Jahren und länger zu erhalten. Diese Grenze sei unrealistisch hoch. Sachsen fordere deshalb, hier 40.000 Euro im Westen und 35.000 Euro im Osten anzusetzen.
Mehr Praktika für Ausländer
Außerdem sollte es möglich sein, eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung auszusprechen, damit diese Menschen auch ihr Leben planen könnten und eine Zukunftsperspektive erhalten, erklärte der Innenminister. Deshalb habe Sachsen im Bundesrat eine Initiative zur Änderung der bestehenden Regelungen eingebracht.
Im Freistaat mache derzeit der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung gerade mal 2,7 Prozent aus. Besonders aus dem osteuropäischen Raum würden viele Ausländer nach Sachsen kommen. „Aber mit der Anerkennung deren Abschlüsse tun wir uns besonders schwer, hier muss sich etwas ändern“, erklärte Ulbig.
An Sachsen Hochschulen und Universitäten sei der Anteil an Ausländern im Vergleich zu den alten Bundesländern hoch. „Aber den jungen Leuten wird es rechtlich schwer gemacht, nahtlos nach ihrem Abschluss eine Anstellung zu erhalten“, erklärte der Innenminister. Viele müssen erst einmal in ihre Heimat zurückkehren, ehe sie dann wieder nach Deutschland, etwa über ein dreimonatiges Besuchervisum, einreisen könnten. Auch hier müssten bestehende Regelungen überarbeitet werden. Zudem müsste die Zusammenarbeit von Unternehmen und Hochschulen verbessert werden, um diesen jungen Leuten Praktika in den Unternehmen während ihres Studiums anbieten zu können.