Döbelner Allgemeine Zeitung – Der Bankier: Ein Krimineller, ohne kriminell zu sein

Verursacher der Finanzkrise gehören bestraft – Wolfgang Hetzer hält Vortrag auf Gut Gödelitz

Gödelitz (kas). 2011 hätte das Gewinnstreben Einzelner beinahe zu einem weltweiten Zusammenbruch geführt. “Bereicherungsorgie”, bezeichnet der Autor Wolfgang Hetzer das, was da stattgefunden hat. Am Sonnabend war Hetzer zu einem Vortrag auf Gut Gödelitz geladen und analysierte, warum kriminelle Finanzspekulanten ohne Strafe davon kommen.
Über Jahrzehnte haben einige wenige auf Kosten der Allgemeinheit am Aktienmarkt spekuliert. Von Seiten deutscher Politiker ist zu hören, dass sich eine Verursachergruppe nicht eindeutig identifizieren lasse. Wolfgang Hetzer sieht das anders: In seinen Augen tragen vor allem die Bankiers die Schuld. “Die Bankiers”, so veranschaulicht Hetzer, “sind zu Feldherren unserer Zeit geworden”, nur, dass sie statt eines fremden Heers Geld und Arbeitsplätze vernichten.Hetzer, der als Experte im Kampf gegen Organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Korruption gilt, war auf Einladung von Organisator Axel Schmidt-Gödelitz, nach Gödelitz gekommen. In seinem anderthalbstündigen Vortrag machte der Jurist einen Missstand in unserem gesellschaftlichen System deutlich: Es fehlt an Gesetzen, um Wirtschaftskriminelle zur Rechenschaft zu ziehen. “Gewinnstreben ist kein vorwerfbarer Straftatbestand.” Im Gegenteil: Es gilt sogar als “unverzichtbarer Motor des Fortschritts.” Der Begriff Krise ist für den charismatischen Redner ein “Mantra des Selbstbetrugs”, hinter dem fachliche Fehleinschätzungen, wirtschaftliche Interessen und politisches Kalkül stehen. “Die Krise ist von Menschen gemacht. Und diese Menschen sollten auch zur Verantwortung gezogen werden.” Es braucht, dem Juristen zu Folge, entsprechende Gesetzgebungen, um Wirtschaftskriminelle zur Rechenschaft zu ziehen – für ihre Taten, ihre Straftaten.

Gut 150 Menschen hatten an diesem Abend in der alten Schäferei des Gutes Platz genommen. “Ich denke, dass das für jeden ein sehr interessantes Thema ist”, meinte Karl-Friedrich Schmidtgen aus Dennschütz vor Beginn der Veranstaltung. Die Harthaer Gert und Ines Vierhufe kamen in der Erwartung, neue Erkenntnisse zu gewinnen. “Hier erfährt man mal etwas außer der Reihe”, so Gert Vierhufe, der schon öfter zu Veranstaltung auf das Gut gekommen war. Hetzers Anliegen ist es, das Bewusstsein der Menschen zu schärfen: “Wo richte ich mir zum Beispiel ein Konto ein? Bei der Deutschen Bank, die Investmentgeschäfte zugelassen hat, oder bei der Sparkasse, die relativ unbeteiligt war? ” ©Wolfgang Hetzer: Finanzmafia – Wie Banken und Banditen unsere Demokratie gefährden.