Döbelner Allgemeine Zeitung – Plädoyer gegen Freihandelsabkommen mit USA

Voller Saal bei Besuch von Dr. Christa Luft auf Gut Gödelitz: Rund 170 Gäste hören Vortrag von Ex-Bundestagsabgeordneter, 7.04.2014

Gödelitz (sf). Mit solch einem Andrang hatten die Organisatoren des Vortragsabends auf Gut Gödelitz nicht gerechnet: Mit rund 170 Besuchern war der große Saal bis auf den letzten Platz gefüllt. Grund für den Besucherandrang war Dr. Christa Luft, emeritierte Professorin sowie frühere stellvertretende Ministerpräsidentin der DDR und bis 2002 Mitglied im Bundestag für die PDS. Die Wirtschaftswissenschaftlerin hatte sich das Thema Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA für ihren Vortrag gewählt. Dieses wird derzeit verhandelt und könnte auch großen Einfluss auf die Wirtschaft in der Region Mittelsachsen haben.
Luft zeigte schnell auf, warum sie von dem geplanten Abkommen in der derzeitigen Form nichts halte. Die damit bezweckten Ziele seien allesamt zu widerlegen: “Ich hege große Skepsis, wenn ich auf andere Freihandelsabkommen in der Welt schaue. So hat die Freihandelszone der USA, Kanadas und Mexikos keine neuen Arbeitsplätze geschaffen. Mexikanische Kleinbauern sollten profitieren, die Abwanderung in die USA gestoppt werden. Das Gegenteil ist eingetreten”, sagte Luft. In diesem Zusammenhang kritisierte sie zudem die Ankündigung, im Laufe von zehn Jahren würden in Deutschland 180000 neue Jobs entstehen, davon 85000 im produzierenden Gewerbe. “Da spielt der Einfluss des Wetters eine größere Rolle, das ist Kaffeesatzleserei”, so ihr Kommentar. Profitieren würden allein die Weltkonzerne. Die von ihr zitierte 0,9-prozentige Reallohnsteigerung, die mit dem Abkommen einhergehen soll, sorgte für ein Raunen im Publikum.
Luft befürchtet zudem, dass bei einer Öffnung der Märkte Europas und der USA nicht die heute gewohnten hohen Standards zum Beispiel bei Lebensmitteln in der EU gehalten, sondern auf amerikanisches Niveau gesenkt werde. “In den USA wird Geflügelfleisch zum Desinfizieren in ein Chlorbad getaucht, in Deutschland muss es in eisgekühlte Luft. In Amerika wird die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel auch als Handelshemmnis gesehen”, zählte Luft auf. “Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die USA auf höhere Abgasnormen, die Farben von Blinkern oder sonstiges einstellen. Man wird sich auf einen niedrigeren gemeinsamen Standard einigen.”
Zum Ende sagte sie deutlich, dass das Abkommen nicht geschlossen werden dürfe. “Die Standards zum Schutz von Mensch und Natur dürfen nicht herabgesetzt werden, um Profite zu erhöhen.”