Sächsische Zeitung – Gut zuhören und miteinander reden

Gödelitz hat seinen ersten Dichterwettstreit und damit viele junge Leute im Publikum, von Dagmar Doms-Berger, 08.12.2014

Die Idee war gut, das Resultat gelungen. So viele junge Leute hatte das Ost-West-Forum Gut Gödelitz wahrscheinlich noch nicht gesehen. Ein Poetry Slam, zu Deutsch: Dichterwettstreit, macht dies möglich. Junge Leute sitzen auf Kissen auf dem Boden, knabbern entspannt Kekse und hören zu. Es herrscht eine lockere Atmosphäre und jugendliche Leichtigkeit. Es ist ein ungewohntes Bild in Gödelitz, dominiert bei den öffentlichen Veranstaltungen ansonsten die Altersgruppe 50 plus. Der Wettstreit ist eine Initiative von Studenten der Fachrichtung Medienmanagement und Medientechnik der Hochschule Mittweida.

Angetreten waren am Sonnabend vier junge Poeten aus Leipzig, allesamt keine Unbekannten in der Szene der Poeten und Poetry Slams. Die Moderation übernahm der Chemnitzer Gerrard Schueft, der seit 2010 in der Poetry-Szene unterwegs ist. Jan Lindner, studierter Philosoph, schmetterte seine Sonette stimmgewaltig durch den Raum. Der freie Kulturredakteur, Texter und Buchautor ist mittlerweile pausenlos auf den Dichterbühnen unterwegs. Marsha Richarz philosophierte unter der Überschrift „Fettleibigkeit ist schlimmer als Ebola“. Die junge Studentin Nhi Le machte ihre neue Heimat Leipzig zum Thema. Und Leonie Warnke, Studentin der Kulturwissenschaften und Sächsische Landesmeisterin im Poetry Slam, gewann auch den Siegertitel vom Gödelitzer

Dichterwettstreit. In ihrem Text hob sie die Märchenwelt aus den Angeln und gab ihr einen neuen Anstrich. Beim Poetry Slam gilt: alle Texte müssen aus eigener Feder stammen, Zitate dürfen verwendet werden. Requisiten oder Kostüme sind nicht erlaubt. Die Jury-Funktion übernahm das Publikum. Abgestimmt wurde mit farbigem Bonbonpapier, dessen Inhalt zuvor gegessen werden durfte. Zum jungen Publikum gehörte auch Fränze Lemke vom Lessing-Gymnasium Döbeln. „Eine klasse Veranstaltung“, resümierte sie.

Mehr Werbung für den Verein

Die 14 Studenten der Mittweidaer Hochschule, die den Wettstreit organisierten, studieren im fünften Semester, dessen Hauptbestandteil das Fach „Crossmediale Kampagnenplanung“ ist. Das bedeutet, dass sie für einen Verein eine Kampagne planen und durchführen, die auf mehreren unterschiedlichen Säulen steht. Sie haben sich das Ost West Forum Gut Gödelitz ausgesucht. „Der Verein kümmert sich um demokratische Werte und Diskussionskultur und hält die Fahne für Verständigung und gemeinschaftlichen Austausch hoch“, sagt Theres Grieger, eine der Studenten. Oder wie es im Agenturdeutsch heißt: Grassroot-Demokratie und cooperative discussions. „Wir wollen, dass mehr Leute in unserem Alter nach Gödelitz fahren. Demokratie, Werte und Diskussionskultur sind nämlich kein Alleinrecht für Leute ab 50, sondern in unseren Augen eine notwendige Grundlage einer funktionierenden Gesellschaft, zu welcher auch Leute unter 50 zählen.“

Ein weiteres Resultat des Studenten-Projektes ist ein Image-Film über den Verein Ost West Forum Gut Gödelitz. Dieser wurde am

Sonnabend ebenso vorgestellt. Der Spot ist so konzipiert, dass er besonders junge Leute anspricht. Vorstandsmitglied Adina

Rieckmann machte noch einmal die Besonderheit des Vereins deutlich. Auf Gut Gödelitz sei es möglich, mit namhaften

Persönlichkeiten zu sprechen und konkret nachzufragen. Das sei die Stärke von Gödelitz: Ohne Vorurteile miteinander reden und den anderen ausreden lassen. Ein aufgefrischter Internetauftritt sowie neue Flyer sind ebenso Resultate des Projektes.