Vortrag und Gespräch am 14. 2. 2015 zum Thema: Flüchtlinge aus aller Welt kommen nach Deutschland Wie gehen wir mit ihnen um?
Die beiden Teile Deutschlands haben nach 1945 mehr als 14 Millionen Flüchtlinge aufgenommen und integriert. Heute wehren wir uns gegen Zahlen, die im Verhältnis dazu verschwindend gering sind. Aber die neuen Flüchtlinge sind Fremde, sprechen nicht die gleiche Sprache und haben meist eine andere Religion, die sie ernst nehmen. Sind wir bequem, kaltherzig und fremdenfeindlich geworden? Oder waren wir es schon immer? In den ausländischen Medien sehen wir nicht gut aus: Die Anschläge auf Ausländerheime, die Morde der NSU und aktuell die Pegida-Demonstrationen nehmen dort einen breiten Raum ein.
Allerdings: Die Gegendemonstrationen nehmen zu. Sie fordern eine Willkommenskultur, sie zeigen ein anderes Gesicht unseres Landes. Aber was geschieht konkret? Statt die Schicksale der Flüchtlingen den Anwohnern in Gesprächen erst einmal näher zu bringen, ihnen ein Gesicht zu geben, werden Flüchtlingsunterkünfte von den staatlichen Stellen meist im Geheimen vorbereitet und dann in einem Schnellverfahren durchgesetzt. Das Ergebnis: Widerstand der Anwohner, sie haben Angst vor den Fremden. Die Rechten spielen sich als Retter auf. Das Schicksal des kleinen Dorfes Perba in Sachsen ist ein schlagendes Beispiel: 170 Einwohnern werden per Anordnung 50 männliche Flüchtlinge aus Tunesien zugewiesen. Die Perbaer wären mehrheitlich bereit gewesen, eine kleinere Zahl, möglichst Familien, aufzunehmen. An ihnen wird deutlich: Solidarität gibt es, wenn man die Menschen mitnimmt, an ihre Menschlichkeit appelliert und sie in die Entscheidungsfindung einbezieht. Aber genau das geschieht nur in den seltensten Fällen.
Das ost-west-forum hat diese Problematik seit Langem erkannt. Wir sind mit Biografiegesprächen zwischen Türkeistämmigen und Deutschen ohne Migrationshintergrund in 17 Städten vertreten, bauen Vorurteile ab und errichten stabile Brücken der Verständigung und Freundschaft. Aber auch hier sind wir ohne staatliche Unterstützung: Während das Innenministerium sicherheitspolitisch aufrüstet, lehnt es ab, ein Projekt zu unterstützen, das schon im Vorfeld versucht, eine Willkommenskultur aufzubauen.
Presse
Döbelner Anzeiger: Willkommenskultur in Deutschland
Videodokumentation
Flüchtlinge aus aller Welt kommen nach Deutschland Wie gehen wir mit ihnen um?
Zur Person: Professor Dr. Martin GilloGeboren 1945 in Leipzig, aufgewachsen in Delmenhorst/Niedersachsen.Nach seinem Wehrdienst studierte er bis 1972 Psychologie an der Universität Hamburg und an der University of Kansas (USA). Dort promovierte er 1973 in Sozial – und Organisationspsychologie zum Doctor of Philosophy (PhD). Es folgten zwei Jahre Forschungstätigkeit an der University of Washington in Seattle. Von 1974-1980 war er als Unternehmensberater bei Hay Associates Frankfurt und San Francisco tätig. Im Anschluss arbeitete Gillo 22 Jahre im Personalbereich bei AMD, zunächst im Silicon Valley in Kalifornien, dann als europäischer Personalchef in Genf, sowie als Geschäftsführer und Personalchef bei AMD Saxony Manufacturing GmbH in Dresden. Von 2002 bis 2004 war er im ersten Kabinett Milbradt Sächsischer Minister für Wirtschaft und Arbeit. 2004 zog Gillo für die CDU im Wahlkreis Freiberg 2 in den Sächsischen Landtag ein. 2014 verzichtete er auf eine erneute Kandidatur.Mit dem Ausscheiden aus dem Landtag endete auch seine Tätigkeit als Sächsischer Ausländerbeauftragter, eine Position, die er seit 2009 bekleidet hatte.Martin Gillo, ist verheiratet, hat drei Kinder und besitzt die deutsche und die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. |