Thomas Went: Sehen und Erinnern – Fotos werden Bilder | Ausstellungseröffnung am 9. Juni 2018

44. Kunstausstellung des ost-west-forum Gut Gödelitz e. V. mit Arbeiten des Dresdener Fotografen Thomas Went
Die Ausstellung wurde am 9. Juni 2018 um 18:00 Uhr als Vorprogramm der monatlichen Samstagabendveranstaltung eröffnet

Zu sehen sind Bilder der Natur, vor allem Landschaften und Blumen, aber auch Architektur und Porträts. Alle sind in einer zweiteiligen künstlerischen Arbeitstechnik entstanden; Thomas Went nennt sie „Digiart“.

Die Laudatio von Prof. Dr. Wendelin Szalai steht hier zum download zur Verfügung: Laudatio

 

Abstrahierte Landschaft mit gelb und rosa auf grauem Grund

Landschaft, Foto: Went

Wents „Digiart“ beginnt mit dem Fotografieren. Das Fotografieren aber beginnt mit dem Sehen. Der Künstler lässt das Alltägliche, wie Landschaft, Blume oder Bauwerk, auf sich wirken und behält sie als ganz subjektiven Eindruck. Dann wird überlegt, was davon aufgenommen werden soll und wie es aufgenommen werden soll. Gedanklich wird gesucht, probiert, verglichen, ausgewählt, verworfen. Und erst dann fällt die Entscheidung, wird die Kamera ausgepackt und auf den Auslöser gedrückt. Fotografieren als Kunst braucht Zeit. Knipsen geht natürlich schneller. Fotografieren als Kunst braucht das Sehen-Wollen und das Sehen-Können. Ein geflügeltes Wort sagt es so: „Sehvermögen ist eine Fähigkeit, Sehen ist eine Kunst.“

 

Gelbe Blüten auf grauem Grund

Die Gelbe, Foto: Went

Im zweiten Teil von „Digiart“ braucht Thomas Went keine Kamera mehr. Arbeitsplatz ist der jetzt der Computer. Das digitale Foto wird, der Erinnerung und dem Eindruck nachspürend und einer bildnerischen Absicht folgend, bearbeitet. Konturen, Farben, Kontraste, Hell und Dunkel können verändert werden. Abstrahieren, der Malerei vergleichend, ist angesagt. Also Absehen vom Unwesentlichen und Betonung des Wesens. Aber „Das Wesen der Dinge hat die Angewohnheit sich zu verbergen“, so hat das schon vor rund 2500 Jahren der griechische Philosoph Heraklit formuliert.

 

 

Blüte und Quadrat, Foto: Went

Mit den durch Bearbeitung von Fotos gewonnen Bildern erinnert Thomas Went an seine ersten, ursprünglichen, überwältigenden Eindrücke beim Sehen, an das Wesen des Gesehenen: Das kann die graublaue Farbstimmung über einer flachen Landschaft sein. Das kann die interessante Konturlinie zwischen Erde und Himmel sein. Das kann die im Nebel schemenhaft sichtbare Stadtsilhouette eines Ortes sein. Das kann das ganz besondere Gelb einer Blume bei trübem Wetter sein. Das kann der Gesichtsausdruck eines von ihm geschätzten Menschen sein. Bild für Bild sucht, probiert und abstrahiert Thomas Went solange, bis er für einen wesentlichen Eindruck den jeweils treffenden Ausdruck gefunden hat. Mit diesem erinnert er an den früheren, den vergangenen Eindruck. Er verleiht ihm so Dauer.

 

 

Thomas Went Selbstbildnis

Er selbst drückt es so aus:  „Ich empfinde bei der Bildbearbeitung am Computer meist mehr als im Moment des Fotografierens. Durch Abstrahieren sehe ich von den Beliebigkeiten des Fotografierens ab. Ich mache das Wesen des Gesehenen sichtbar. Dabei denke ich nicht an die späteren Betrachter meiner Bilder. Ich drücke mein Sehen, Fühlen und Erinnern aus. Ich will keine Botschaft übermitteln. Aber meine Bilder sollen bei den Betrachtern ‚ankommen‘, diese zum Dialog anregen, zum Dialog mit meinen Bildern ebenso wie zum Dialog untereinander. Aufmerksames Sehen ist dabei wie das Zuhören eine Voraussetzung für den Dialog. Die Betrachter werden so zu ihrem je eigenen tieferen Sehen, Fühlen und Erinnern kommen.“