„Häuserlandschaften – Malerei“ 47. Kunstausstellung des „ost-west-forum Gut Gödelitz e. V.“ mit Arbeiten des Künstlers Karlheinz Münzner

Eröffnung am 16. März 2019 um 18.00 Uhr als Vorprogramm zum Thema „Wohnungspolitik in Ballungszentren“ mit dem Berliner Städteplaner Dr. Andrej Holm Laudatio: Prof. Dr. Wendelin Szalai
Karlheinz Münzner© Privat

Karlheinz Münzner© Privat

Meine Damen und Herren, im Namen des Vorstandes unseres Bürgervereins begrüße ich Sie alle zu einer neuen Veranstaltung in unserer monatlichen Samstagabendreihe.

Die Stammbesucher unter Ihnen haben gewiss bemerkt, dass an den Wänden unserer Alten Schäferei neue Bilder hängen. Unser Bürgerverein eröffnet eine neue Kunstausstellung. Es ist unsere 47. Zu sehen sind Bilder des Malers, Grafikers und Zeichners Karlheinz Münzner. Er hat dieser Ausstellung den Titel „Häuserlandschaften “ gegeben. Wir freuen uns, dass der Künstler zur Eröffnung nach Gödelitz gekommen ist und begrüßen ihn sowie seine Frau ganz herzlich in unserer Mitte. Von dem weltbekannten Maler, Grafiker und Zeichner Caspar David Friedrich, der bis zu seinem Tod 1840 viele Jahre in Dresden gelebt, gearbeitet und als Professor an der Kunstakademie gelehrt hat, stammt das folgende Zitat:

„Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er auch zu malen, was er vor sich sieht.“

Wenden wir diesen Ratschlag auf unsere neue Ausstellung an, und fragen wir uns zunächst, was Karlheinz Münzner beim Malen dieser Bilder vor sich gesehen hat. Die Antwort dürfte uns leicht fallen, denn Karlheinz Münzner malt konkret und gegenständlich, also nicht abstrakt. Die Bildmotive bleiben immer erkennbar. Welche Motive sind das? Was sehen wir Betrachter vor uns; was sehen wir auf den Bildern? Es sind vor allem Häuser, Häusergruppen, Plätze, und daneben oder dazwischen Bäume. Es sind kleinere und intakte Häuser, keine Hochhäuser und keine Ruinen. Für eine Großstadt sind die Häuser zu klein, für ein Dorf zu groß. Die Vorstellung von einer Kleinstadt dürfte zutreffender sein. Uns fallen die klaren Formen und klaren Farben auf. Karlheinz Münzner bevorzugt Grundformen wie Rechteck, Dreieck und Trapez. Mit einer klaren Perspektive sowie mit Licht und Schatten gestaltet er Räume. Seine Bilder wirken überschaubar, ruhig, angenehm, warm und freundlich.

Und jetzt kommt Gödelitz dazu. Zahlreiche Kunstsammlungen besitzen Arbeiten von ihm. In seiner Gödelitzer Ausstellung zeigt Karlheinz Münzner vor allem Häuser und Häusergruppen. Er malt konkret und gegenständlich, aber nicht naturalistisch. Er abstrahiert bei seinen Motiven, beschränkt sich auf das für ihn Wesentliche. Er malt kleinere und intakte Häuser, keine Hochhäuser und keine Ruinen. Die klaren Formen und Farben fallen auf. Der Maler bevorzugt Grundformen wie Rechteck und Dreieck. Mit einer Perspektive sowie mit Licht und Schatten gestaltet er Räume. Seine Bilder wirken überschaubar, ruhig, angenehm, warm und freundlich.

© Privat

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Fragen wir weiter. Was hat der Künstler beim Malen dieser Bilder in sich gesehen? Das können wir nur vermuten. Aber unsere Vermutungen dürften umso treffender sein, je mehr wir über den Künstler wissen, über sein Leben, über seine künstlerischen Ansichten und Absichten. Schauen wir darum zunächst auf seine Biografie in Stichworten: Karlheinz Münzner wird 1940 in der sächsischen Kleinstadt Geringswalde geboren. Zwei Jahre später  zieht seine Familie  in die nahe sächsische Kleinstadt Leisnig um. Diese liegt an der Freiberger Mulde und ist bekannt durch die Burg Mildenstein und das Stiefelmuseum mit seinem 5 m hohen Riesenstiefel. Und in Leisnig lebt Karlheinz Münzner seit nunmehr 77 Jahren! Er ist sehr bodenständig.

Bis 1990 arbeitet er als Maschinenfräser im Apparatebau Leisnig. Von 1974 bis 1986, 12 Jahre lang,  besucht er an Sonnabenden die Förderklasse Malerei und Grafik im Leipziger Bezirkskabinett für Kulturarbeit. (Bereits seit seiner Schulzeit gehören Zeichnen und Malen zu seinen Lieblingsbeschäftigungen.) In diesen Jahren hat er prägende Begegnungen mit verschiedenen Künstlern. Auch sein zwei Jahre jüngerer Bruder Rolf beeinflusst ihn. Der ist akademisch ausgebildeter Künstler und hat lange als Professor für Grafik an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst  gelehrt.

Und natürlich: Karlheinz Münzner zeichnet, malt, macht später auch Holzschnitte. Seit mehr als 25 Jahren lebt er für seine Kunst – und von seiner Kunst. Der Autodidakt Karlheinz Münzner hat sein Hobby perfektioniert und zum Beruf gemacht.

Er ist ein bekannter und anerkannter Künstler geworden. Arbeiten von ihm waren bereits auf zahlreichen Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen zu sehen, so in Altenburg und Berlin, in Dresden und Chemnitz, in Leisnig und Leipzig, in Recklinghausen und Halle, in Brno und Plovdiv. Und heute kommt Gödelitz dazu.

Mehrere Kunstsammlungen besitzen Arbeiten von ihm. Und auch in Privathand gibt es Bilder von Karlheinz Münzner. (Ein Hinweis: Die Bilder dieser Ausstellung sind käuflich zu erwerben. Wer mit dem Kauf eines dieser Bilder sich oder einem anderen besonders lieben Menschen eine besondere Freude machen möchte, der sollte bei dem abschließenden kleinen Empfang den Künstler einfach ansprechen.)

Ich habe Karlheinz Münzner in Leisnig besucht und in seinem Atelier mit ihm lange über seine Kunst geredet. Zusammen mit seiner Frau wohnt er in einem schönen, alten, eigenen Haus in einer schönen, engen, alten Gasse. Von einer malerischen Terrasse schaut man auf die nahe Burg Mildenstein. Das Haus bietet viel Platz für Wohnen und Arbeiten, für ein Atelier und für viele, viele Bilder. Beim dem Blick von dieser Terrasse erkenne ich viele Motive seiner Bilder wieder.

Und mir wird klar: Karlheinz Münzner malt mit Vorliebe Häuser, Bäume, Landschaften seines Ortes, seiner Umgebung, seiner Heimat. Hier ist er zu Hause, bei sich, daheim. Hier wird er ohne Erklärung angenommen und verstanden. Er kennt und versteht den Ort, die Landschaft und die Leute.

In seinem Atelier bemerke ich, dass sich manche seiner Bildmotive wiederholen. Aber die Bilder unterscheiden sich nach Blickwinkel und Perspektive, nach der Kombination von Formen und Flächen, nach Farben, nach Licht und Stimmung. Dieser Maler muss auf Spaziergängen und Wanderungen sehr oft und sehr aufmerksam unterwegs sein. Er beherrscht die Kunst des Sehens. Das ist mehr als die Fähigkeit sehen zu können. Je nach Jahreszeit und Wetter, nach Lichtverhältnissen, nach eigener innerer Befindlichkeit sieht er bekannte Motiven immer wieder anders, immer wieder neu, sieht er in ihnen Neues.

Karlheinz Münzner ist ein naturverbundener Mensch. Er sagt „Ich liebe Bäume. Sie sind für mich Lebewesen, und darum male ich ihre Zweige wie Arme.“ So wie seine Bäume im Boden fest verwurzelt sind, so ist der Maler fest in seinem Haus, seinem Ort, seiner Gegend verwurzelt. Er ist bodenständig und ein „Heimatmaler“ im besten Sinne des Wortes.

Karlheinz Münzner besitzt ein ausgeprägtes Gespür für Harmonie und Schönheit. Er möchte Harmonisches und Schönes erhalten und bewahren. Bei unserem Gespräch auf seiner Terrasse macht er mich auf eine ungepflegte Baulücke aufmerksam. Mit Unverständnis und Empörung in der Stimme erzählt er davon, dass dort früher ein besonders schönes altes Haus gestanden hat. Ohne Absprache mit den Bürgern ist es einfach abgerissen worden.

In seinen Bildern gibt Karlheinz Münzner seinen inneren Empfindungen von Harmonie und Schönheit sowie seiner Heimatverbundenheit einen äußeren künstlerischen Ausdruck. Heimatliebe und Schönheit und haben bei ihm nichts mit verklärender Heimattümelei,  nichts mit kitschiger Dekoration zu tun, nichts mit vorgetäuschter Postkartenidylle, nichts mit verlockender und manchmal auch verlogener Touristenwerbung. Seine Bilder wirken durch ihre innere, ehrliche, schlichte Schönheit. Für mich ist Karlheinz Münzner ein  „sachlicher Romantiker“.

© Privat

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Dabei passen die Begriffe sachlich und romantisch eigentlich gar nicht zusammen. Aber der Titel seiner Gödelitzer Ausstellung besteht auch aus zwei Begriffen, die eigentlich nicht zusammenpassen, aus Haus und Landschaft. Mit dem Wort Landschaft verbindet man gewöhnlich Bäume, Wälder, Wiesen, Berge, Gewässer. Landschaften sind etwas Gewachsenes, sie stehen für Natur.

Mit dem Wort Häuser verbindet man eher Geschaffenes, Menschenwerk, also Kultur. Karlheinz Münzner verbindet im Titel seiner Gödelitzer Ausstellung „Häuserlandschaft“ Gewachsenes und Geschaffenes, er verbindet Natur und Kultur. So verweist er auf unsere menschliche Doppelnatur. Wir sind sowohl Naturwesen wie auch Kulturwesen. Wenn wir die Natur gefährden, gefährden wir auch uns selbst.

Karlheinz Münzner hat mir erzählt, wie ihm auf Reisen in Südfrankreich die neben und übereinander geschichteten und miteinander verschachtelten alten Häuser in alten Dörfern und Städten plötzlich wie Landschaften vorgekommen sind – harmonisch, schön und über Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gewachsen, zusammengewachsen. Häuser als etwas Gewachsenes!

In seinen Häuserlandschaften malt Karlheinz  Münzner  Häuser, Straßen, Plätze, Bäume seiner nahen Heimat nicht naturalistisch ab.  „Sonst wäre ich nur ein menschlicher Kopierer“, betont er. Und: „Ich möchte mit meinen Bildern etwas sichtbar machen!“ Wir Betrachter können also in seinen Bildern mehr sehen als auf ihnen zu sehen ist. Dabei, sagt Karlheinz Münzner, denkt er beim Malen gar nicht an die späteren Betrachter seiner Arbeiten. „Beim Malen bin ich der einsamste Mensch überhaupt“.

Kommen wir also zu der Frage, was wir Betrachter in den Bildern unserer neuen Ausstellung sehen können. Darauf ist eine allgemeine und pauschale Antwort prinzipiell nicht möglich. Denn die Begegnung mit einem Kunstwerk ist immer ganz individuell. Dasselbe Bild kann von Betrachter zu Betrachter ganz unterschiedliche Stimmungen, Gefühle, Gedanken und Fragen auslösen. Jeder und jede von uns kann also nur für sich selbst ausprobieren, was er oder sie in den Bildern von Karlheinz Münzner sieht.

Bei unserem Gespräch in seinem Atelier vor und zu seinen Bildern habe ich auch davon gesprochen, was ich in ihnen sehe, was mir bei ihnen durch Herz und Sinn geht. Der Maler und ich konnten dann so manche Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen in unsren Ansichten und Absichten feststellen. Lassen Sie mich einige andeuten.

Da wäre erstens unsere gemeinsame besorgte Wahrnehmung der zunehmenden Vernachlässigung der ländlichen Gegenden. In Kleinstädten und Dörfern stehen Häuser leer. Es fehlen die Menschen als Bewohner und Benutzer. In unserer auf Profit und finanziellen Gewinn orientierten Gesellschaft muss sich alles materiell und finanziell  rechnen. Leerstehende Häuser rechnen sich nicht mehr. Sie verfallen oder werden abgerissen, egal wie alt und wie schön sie sind.

Etwas gegensätzlich ist die Situation in den Großstädten, wo immer mehr Menschen leben. Hier fehlen die Häuser, fehlen Wohnungen. Da sich aber auch hier alles rechnen muss und man mit Häusern und Wohnungen Profit machen kann, fehlen vor allem bezahlbare Wohnungen.

Wir haben zweitens über Bildung und Erziehung geredet. Albert Schweitzer hatte einmal so formuliert: „Das Verhängnis unserer Kultur ist, dass sie sich materiell viel stärker entwickelt hat als geistig. Ihr Gleichgewicht ist gestört…Kultur fällt uns nicht wie eine reife Frucht in den Schoß. Der Baum muss gewissenhaft gepflegt werden, wenn er Frucht tragen soll.“

Albert Schweitzer ist 1965 verstorben. Wir  haben den Eindruck, dass seither unsere geistige Kultur noch weiter hinter der materiellen zurück geblieben ist. Bildung und Erziehung sollten stärker der Pflege unserer geistigen Kultur dienen, der Vermittlung und Aneignung menschlicher Werte. Zu diesen Werten gehören unbedingt auch Respekt, Achtung und  Schutz von Natur ebenso wie Respekt, Achtung und Schutz von Altem und von Alten. Das rechnet sich zwar oft nicht finanziell, ist aber ein großer Gewinn an Menschlichkeit.

In diesem Zusammenhang haben wir auch die Notwendigkeit einer ästhetisch-musischer Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen,  die Beförderung eines Sinns für Harmonie und Schönheit betont. Auch Harmonie und Schönheit rechnen sich oft nicht, zumindest nicht finanziell und kurzfristig. Aber auch sie sind ein großer Gewinn an Individualität und Persönlichkeit.

Wir haben schließlich davon geredet, dass gegenwärtig wahrscheinlich viele Menschen von den Veränderungen  überfordert sind, überfordert von Umfang und Tempo der Globalisierung, von den immer neuen und immer wirksameren Informations- Kommunikationstechniken,  von der täglichen Medienflut mit ihren vorwiegend schlechten Nachrichten. Als eine Art Gegenreaktion auf  Tempo, Lautstärke, Stress der überfordernden Gegenwart entsteht bei vielen Menschen eine Sehnsucht nach der „guten alten Zeit“, die in Wirklichkeit meist so gut gar nicht gewesen ist. Es wächst die Sehnsucht nach Stabilität, Sicherheit und Verlässlichkeit, nach Ruhe und nach Überschaubarkeit. Urlaub auf dem Bauernhof, Heimatmuseen oder Meditationswochenenden in einem Kloster sind Ausdruck dieser Sehnsucht.Vielleicht sind die Bilder von Karlheinz Münzner auch eine solche Gegenreaktion. Auch sein bewusster Verzicht auf das Internet würde dazu passen.

Ich rede schon zu lang und muss zum Schluss kommen: Die Bilder von Karlheinz Münzner haben eine angenehme beruhigende, entspannende, freundliche Wirkung. In unserer oft schnellen, lauten, stressigen Zeit ist das eine Wohltat, ein Gewinn. Seine harmonischen und schönen Häuserlandschaften passen sehr gut in die harmonische und schöne Landschaft um Gut Gödelitz. Und sie schmücken unsere Alte Schäferei.

(Als Referenz  an dieses Gebäude von 1792 hat der Maler die Tuschezeichnung eines Schafstalls mit ausgestellt. Es handelt sich um das dunkle Bild ganz links an der roten Wand, mit den beeindruckenden kleinen Fenstern, die wie leuchtende Augen wirken.)

Liebe Freunde, meine Damen und Herren,

lassen Sie sich einfach ein auf eine ganz persönliche Begegnung mit den Bildern von Karlheinz Münzner. Spüren Sie demnach, was diese in Ihnen auslösen.

Ich wünsche Ihnen vor, mit und zu den Bildern unserer 47. Kunstausstellung gute Gefühle und Gedanken, Entspannung und Freude.

Diese Arbeiten werden bis Mitte Mai zu sehen sein.