Die geplante Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen Europäischer Union und den Vereinigten Staaten von Amerika
Veranstaltung am 5. April 2013
Im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages warb kürzlich der US-Amerikaner Dan Mullaney für ein aus seiner Sicht großartiges Projekt: Mullaney versuchte die Abgeordneten von der geplanten Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika zu überzeugen. Das Freihandelsabkommen werde für die 800 Millionen Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks von großem Nutzen sein. Die Rede ist von einem zusätzlichen Handelsvolumen von 200 Milliarden Euro pro Jahr, von Millionen neuer Jobs und sinkenden Preisen.
Was den amerikanischen Chefunterhändler zu seiner Werbetour wirklich bewog, ist das zunehmende Unbehagen vieler Europäer an einem Verhandlungsteam, in dem EU-Kommission und Wirtschaftsvertreter unter Ausschluss der Öffentlichkeit – auch unter Ausschluss des Europäischen Parlaments! – im Geheimen über Themen verhandeln, die für unser Leben von entscheidender Bedeutung sind. Es geht um Hormonfleisch, mit Chlor desinfiziertes Hühnerfleisch, gentechnisch veränderte Lebensmittel, es geht um Arbeitsrechte, um europäische Kultur und um Kernbereiche von Demokratie, Sozial- und Rechtsstaat. Es geht um den Erhalt von Standards, um Errungenschaften, für die in Europa über lange Zeiträume gekämpft wurde. Wer macht hier aus welchen Gründen welche Kompromisse? Werden uns künftig multinationale Konzerne bei internationalen privaten Schiedsgerichten verklagen können, wenn unsere nationalen Parlamente Gesetze erlassen, die von den Konzernen kalkulierte zukünftige Gewinne schmälern? Vattenfall verklagt die Bundesrepublik bereits wegen des Atomausstieges.
Wenn solche Themen geheim verhandelt werden, kommt Misstrauen auf. Mehr noch: Es baut sich bereits eine breite Front von Gegnern auf, die entschlossen sind, das gesamte Abkommen ersatzlos zu kippen. Dazu gehören nicht nur einige zivilgesellschaftliche Organisationen, die gegenüber der Wirtschaft und vor allem gegenüber international vernetzten Großkonzernen eine kritische Dauerdistanz einnehmen. Hinzu kommen neben gewählten Abgeordneten Gewerkschaften, Umweltgruppen, Verbraucherschützer, Verfechter bäuerlicher Landwirtschaft, Web-Aktivisten, Buchverlage, Filmproduzenten – immer mehr reihen sich in die breite Front der Gegner ein. 430 000 Menschen haben bereits auf der Online-Plattform von CAMPACT eine Petition gegen TTIP unterschrieben.
Die Europäische Öffentlichkeit ist wach geworden. Die Befürworter des Freihandelsprojekts werden sich etwas einfallen lassen müssen, wenn das Projekt nicht schon im Ansatz scheitern soll.
Wir freuten uns, dass Frau Professor Luft Gast auf Gut Gödelitz war.
Videoaufzeichnung des Vortrags
Zur Person: Professor Dr. Christa Luft Buchveröffentlichungen u.a. : “Treuhandreport“ (1992); „Die nächste Wende kommt bestimmt“ (1994); „Die Lust am Eigentum“(1996); „Abbruch oder Aufbruch? – Warum der Osten unser Chance ist“ (1998); „Zwischen Wende und Ende“(1999). „Wendeland-Fakten und Legenden“ (2005); „Wirtschaftstheorie in zwei Gesellschaftssystemen Deutschlands“ (2011), mit Günter Krause und Klaus Steinitz ;„Wirtschaftliche Herausforderungen“(2012) |