Die 30. Ausstellung des Gut Gödelitz ost-west-forum zeigt Arbeiten der Malerin Natalia Simonenko und wurde am 6. Dezember 2014 eröffnet.
Laudatio: Prof. Dr. Wendelin Szalai
„Liebe Mitglieder und liebe Freunde des ost-west-forum Gut Gödelitz,
verehrte Frau Berndt,
meine Damen und Herren,
im Namen des Vorstandes unseres Bürgervereins begrüße ich Sie alle zu einer neuen Veranstaltung unserer monatlichen Samstagabendreihe.
Die Stammbesucher dieser Reihe wissen, wenn ich eine Veranstaltung eröffne und nicht Herr Schmidt-Gödelitz, unser Vorstandsvorsitzender, dann handelt es sich in der Regel um ein kurzes Vorprogramm zur Eröffnung einer Kunstausstellung.
So verhält es sich auch heute.
Unsere neue Ausstellung weist einige Besonderheiten auf:
Eine erste Besonderheit: Es ist unsere 30. Kunstausstellung, ein kleines Jubiläum also.
Als wir im Dezember 2006 mit den farbkräftigen, schönen, großformatigen Bildern von Johannes und Regina Zepnick zum Thema „Mensch Zigeuner“ unsere erste Ausstellung eröffnet haben, waren Dauer und Resonanz dieses Projektes so nicht abzusehen.
Eine zweite Besonderheit: Es handelt sich um eine schöne Ausstellung, also um eine Ausstellung mit besonders schönen Bildern.
Diese Bilder sprechen vor allem die Gefühle der Betrachter an. Die Farbharmonien und Lichtgewebe der Bilder können eine Stimmung von Friedfertigkeit und Lebensfreude erzeugen. Stimmungen und Gefühle scheinen wesentliche Seiten der Schönheit dieser Bilder unserer Jubiläumsausstellung zu sein.
n der letzten Zeit bin ich von einigen unserer Stammbesucher mit folgendem Wunsch angesprochen worden: Die Ausstellungen sind ja immer sehr interessant. Aber könnten nicht auch mal wieder schöne Bilder gezeigt werden, an denen man sich erfreuen kann und die man sich gern ins Wohnzimmer hängen würde.
Ich denke, unsere neue Ausstellung wird auch solchen Wünschen gerecht.
Bei nicht wenigen zeitgenössischen Künstlern könnte man den Eindruck gewinnen, dass sie eine Scheu vor dem Schönen haben, eine Art Schönheitsphobie. Sie sind auf die Problematisierung des Inhalts fixiert und wollen nicht in den Verdacht geraten, den Betrachtern ihrer Bilder auch ästhetischen Genuss zu bieten und ihnen Freude zu bereiten.
Aber vielleicht verwechseln sie einfach Schönheit mit Oberflächlichkeit und Kitsch.
Denn was wäre Kunst ohne Schönheit?
„Schönheit ist überall ein gar willkommener Gast“ meinte Johann Wolfgang von Goethe, und dieser Satz gilt doch wohl auch für die Malerei.
Und zum Verhältnis von Kunst und Freude hat der bekannte und beliebte Maler Adrian Ludwig Richter gesagt:
„Wenn man den Leuten mit der Kunst Freude machen kann, so tue man es von Herzen, denn das ist doch der rechte Lohn der Kunst.“
Eine dritte Besonderheit: Noch nie hat in Gödelitz jemand ausgestellt, der von so weit her kommt wie die Malerin unserer 30. Ausstellung.
Susanne Vier war mit ihren schönen Collagen aus Rostock angereist.
Sándor Dóró stammt aus Ungarn und hat Ateliers in Dresden und in Debrecen.
Natalia Simonenko, die Schöpferin der Bilder unserer neuen Ausstellung, kommt aus Sankt Petersburg.
Sie ist heute zusammen mit ihrem Mann, Herrn Bernd Eggert, aus Stuttgart angereist.
Wir heißen beide in unserer Mittle herzlich willkommen.
Natalia Simonenko wurde 1970 in Leningrad geboren.
Ein erklärender Kommentar für die Jungen unter uns: Diese vom russischen Zaren Peter dem Großen zu Begin des 18. Jahrhunderts gegründete Stadt hieß erst seit 1924 Leningrad, seit dem Todesjahr von Wladimir Iljitsch Lenin, dem Gründer der Sowjetunion. 1991 hat die Stadt ihren ursprünglichen Namen Sankt Petersburg zurück erhalten.
Natalia Simonenko hat in ihrer Geburtsstadt zunächst die zentrale Jugendkunstschule,
danach das Pädagogische Institut für grafische Kunst
und schließlich die bekannte, in der Mitte des 18. Jahrhunderts gegründete Kunstakademie besucht.
Im Jahr 2000 hatte sie in Sankt Petersburg ihre erste Personalausstellung.
Seit 2001 gehört sie der Vereinigung russischer Künstler an.
Ihre Arbeiten waren bereits auf zahlreichen Ausstellungen in Russland, Holland, den USA und Deutschland zu sehen. Hier 2014 bereits beim MDR in Leipzig und im Schloss Altranstädt. Ab heute nun in Gödelitz.
Bilder von Natalia Simonenko werden in zahlreichen Ländern gesammelt.
Seit ihrer Heirat Anfang 2011 pendelt die Künstlerin zwischen Sankt Petersburg und Stuttgart.
Was fällt in ihrer Gödelitzer Ausstellung besonders auf?
Was fällt mir auf – und vielleicht auch vielen anderen Betrachtern?
Eine erste Auffälligkeit:
Natalia Simonenko erweist sich in allen Gattungen ihres Schaffens, dem Porträt, der Landschaft, dem Stillleben, als eine Meisterin der Farben, der warmen und freundlichen vor allem.
Selbstbewusst sagt sie: „Meine Stärke ist es, Farben zu verstehen…Die Stimmungen vermitteln sich in erster Linie über die Farben.“
Mich erinnern die Bilder von Natalia Simonenko an impressionistische Malerei mit ihrer unverwechselbaren Verbindung von Farbe und Licht.
Auch in ihren Bildern ist viel Licht, wirken die Farben luftig, leicht, silbrig, flirrend.
Diese Bilder sind gegenständlich, aber nicht naturalistisch. Details, meist im Vordergrund, werden exakt ausgearbeitet, während der Hintergrund verschwommen bleibt.
Eine zweite Auffälligkeit:
Natalia Simonenko bekennt sich zu ihren Prägungen durch die russische Malerei, die russische Malschule mit ihrer Mischung aus realistischem und impressionistischem Duktus und mit dem Mut zu Stimmungen und großen Gefühlen.
Die Malerin selbst kennzeichnet diese Prägung so aus:
„Dadurch, dass ich in Russland studiert habe, liegen meine Wurzeln in der klassischen Malerei. Die Ausbildung in Deutschland ist eine andere, wie ich inzwischen erfahren habe. Ich denke aber, dass ein Künstler eine gute Schule haben sollte. Nur das gibt im die Freiheit, seinen eigenen Weg zu finden.“
Diese gute Schule, diese solide Ausbildung spürt man in ihren Bildern. Natalia Simonenko kann malen. Bei ihr spürt man, dass Kunst vor allem von Können kommt und nicht nur von Wollen.
Traditionsbewusstsein auf der einen Seite und Kreativität für Eigenes und Neues auf der anderen Seite gehen bei Natalia Simonenko Hand in Hand.
Auch das spezifische Licht in ihren Bildern erklärt die Künstlerin sie mit einem biografisch- regionalen Bezug:
„In Sankt Petersburg ist die Luft durch die Lage am Meer silbrig bewegt. Das hat einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung der Farben. Sie sind flirrend. In Deutschland dagegen ist alles geordnet, auch die Luft erscheint mir hier sauberer – ordentlicher, wen man so will.
Das spiegelt sich in der Wahrnehmung der Farben. Sie erscheinen mir statisch geordnet…Offene Farben wirken wie Marschmusik, die gemischten wie ein Lied.“
Man erkennt leicht, dass Natalia Simonenko es mehr mit dem Lied hat als mit der Marschmusik.
Die Ölfarben für ihre Bilder nimmt sie aus der Tube, um sie dann in klassischer Manier auf der Leinwand zu mischen. Zum wischenden Malen eines Hintergrundes wird manchmal auch ein Lappen verwendet.
Die Bemerkung von Natalia Simonenko über die Wirkung von Farben als Marschmusik oder als Lied komme führt zu einer weiteren Auffälligkeit in ihrem Schaffen.
Ich meine die Nähe ihrer Malerei zur Musik.
Mit dem Satz „Ich male die Farbe des Klanges“ drückt sie das selbst sehr schön aus.
Die Farbharmonien ihrer Bilder können in uns Betrachtern Klangharmonien aufrufen.
Über die Wirkungen solcher Farb- und Klangharmonien habe ich bei Vincent van Gogh folgenden schönen Satz gefunden:
„Mit einem Bild möchte ich etwas Tröstliches sagen, so wie Musik tröstlich ist.“
Natalia Simonenko kennt keine Berührungsängste zwischen Malerei und Musik, keine zwischen den Künsten allgemein.
Auch wir hatten ja in unserem ost-west-forum bereits verschiedene Künste einzeln oder auch zusammen zu Gast, so Lyrik und Poesie, Musik und Gesang, Tanz und Schauspiel.
Bei unserer nächsten Veranstaltung im Januar wird es ein Wiedersehen mit dem Komponisten und Pianisten Peter Gotthard und der Geigerin Barbara Sadowski geben.
Ich bin sicher, die farbenfrohen und stimmungsvollen Bilder dieser Ausstellung werden mit den Darbietungen der beiden Musiker sehr gut harmonieren.
Lassen Sie mich eine letzte Auffälligkeit dieser Ausstellung ansprechen.
Die gewollte und gekonnte Schönheit der Bilder geht mit Tiefe einher. Diese Bilder haben eine Seele. In ihnen gibt die Künstlerin Natalia Simonenko ihrer reichen inneren Gefühlswelt einen starken äußeren Ausdruck. Daher können diese Bilder bei uns, den Betrachtern, gute Gefühle und gute Gedanken auslösen. Sie können Freude und ästhetischen Genuss bereiten. Sie können zu freudvollem Nachdenken über sich und die Welt anregen.
Also keine Spur von Oberflächlichkeit. Das Gegenteil ist der Fall.
Wir sollten darum die Bilder dieser Ausstellung mit einer offenen Zuwendung betrachten.
Ganz nach unsrem individuellem Geschmack und nach unserer aktueller Stimmung werden dabei bestimmte Arbeiten unser besonderes Interesse finden.
Ich möchte das aus meiner subjektiven Perspektive an zwei Beispielen kurz andeuten.
Erstes Beispiel: Das Bild mit dem Titel „Ballerina“. In ihm sehe ich einen selbstbewussten Bezug zu Musik und Tanz, vor allem zum Ballett als einem Leuchtturm russischer Musik- und Theatertradition.
Das Porträt der Tänzerin und ihre Tanzschuhe sind im Vordergrund in klaren Farben und Formen gehalten, während der Hintergrund mit verwischten Farben angedeutet wird.
Ich spüre in dem Bild eine konzentrierte und zugleich freudvolle Anspannung der Tänzerin vor ihrem Auftritt. Das ganze Bild wirkt auf mich licht und leicht. Ich denke bei diesem Bild an schöne Ballettabende zurück und freue mich auf die nächste derartige Gelegenheit.
Zweites Beispiel: Dieses Bild da. Es regt zu Fragen an: Was stellt es dar? Was hat die Künstlerin beim Malen dieses Bildes vor sich gesehen? Was hat sie in sich gesehen? Was sehe ich bei diesem Bild vor mir? Was sehe ich in mir?
Vielleicht hilft uns der Bildtitel bei der Beantwortung solcher Fragen.
Der Titel lautet „Dächer“. Eingefangen ist wahrscheinlich der Blick von oben auf eine kleinteilige Dachlandschaft. Auf Details wird vollständig verzichtet. Wichtig sind allein der Eindruck, die Stimmung, das Gefühl.
Also das, was man in im flirrenden Licht eines warmen Tages hoch über den Dächern eines dicht besiedelten Ortes empfinden könnte.
Mich erinnert dieses Bild an schöne Urlaubserlebnisse. Meine Frau und ich haben im Oktober
eine Rundreise auf der Insel Rhodos gemacht. Und da habe ich mehrfach ganz ähnliche Situationen erlebt, ähnliche Eindrücke gehabt, ähnliche Stimmungen, ähnliche Gefühle.
Man kann an diesen beiden Bildern „Ballerina“ und „Dächer“ ablesen, wie Natalia Simonenko ihre künstlerische Sicht auf sich und die Welt, wie sie auch ihre Malweise auslotet, ausweitet, von gegenständlicher konkreter Nähe bis hin zu starker Abstraktion. Wenn man im zweiten Beispiel den Bildtitel „Dächer“ nicht kennt, kann diese abstrakte Arbeit auch ganz andere Vorstellungen hervorrufen, ohne dadurch weniger schön und weniger anregend zu sein.
Liebe Freunde, meine Damen und Herren,
es ist ein glücklicher Zufall, dass wir unsere 30. Kunstausstellung mit schönen Bildern und mit einem Bekenntnis zu guten Gefühlen gerade am Nikolaustag eröffnen können.
Das ist wie ein spezielles Nikolausgeschenk.
Bei diesem Fest geht es ja traditionell um Freude und Freude-Bereiten, um Besinnung, um gute Gefühle. In unserem problemreichen und gestressten Alltag können solche Gelegenheiten eine hilfreiche Ertüchtigung sein.
Unsere 30. Ausstellung mit dem Titel „Farben von Licht und Klang“ wird bis Ende Februar zu sehen sein.
So können uns die schönen, stimmungsvollen, lichten Bilder von Natalia Simonenko gerade in den kalten Wintermonaten Freude machen und vielleicht auch unsere Herzen erwärmen.
Ich wünsche uns allen vor den, mit den und zu diesen Bildern nachdenkliche Freude und freudvolles Nachdenken, gute Gefühle, gute Gedanken, gute Gespräche.
Damit ist das kurze Vorprogramm beendet, und ich übergebe zum Hauptprogramm des Abends an den Vorsitzenden unseres Bürgervereins.
Zur Künstlerin: Natalia Simonenko
Geboren in Leningrad
Ausbildung und Ausstellungen
1985 Abschluss an der zentralen Jugendkunstschule der Region St. Petersburg
1992 Abschluss am pädagogischen Institut für grafische Kunst F. Gertsen
1999 Abschluss an der Kunstakademie I. E. Repin
2000 Personalausstellung in der Galerie der Vereinigung russischer Künstler in St. Petersburg
2001 Aufnahme in die Vereinigung russischer Künstler
2002 Personalausstellung im Russischen Haus in Berlin
2003 Teilnahme an der Ausstellung russischer Künstler in Berlin anlässlich des 300. Geburtstages von St. Petersburg .
2003 Teilnahme an der Ausstellung zu Ehren des 100 jährigen Bestehens der Eisenbahnlinie St. Petersburg – Moskau. Ihre Bilder wurden vom Eisenbahnmuseum erworben und sind dort ausgestellt.
2004 Personalausstellung im zentralen Künstlerhaus in Moskau
2005 Personalausstellung in Gouda, Holland
2006 Teilnahme an der internationalen Biennale in Domburg und Antwerpen, Holland
2006 Teilnahme am Wohltätigkeitsverkauf für das Waisenkinder-Hilfswerk in Moskau
2007 Teilnahme an der Ausstellung russischer Künstler in Los Angeles, USA
2008 Personalausstellung in der Galerie Art Izba in Moskau, Russland
2009 Einzelausstellung im Museum der russischen Zentralbank in St. Petersburg
2010 Teilnahme an der Biennale Art-Moskwa in Moskau, Russland
2010 Einzelausstellung im städtisches Museum der Stadt Döbeln, Deutschland
2011 Einzelausstellung im Museum Schloss Rochsburg , Lunzenau, Deutschland
2011 Einzelausstellung in der Galerie Babylon, Samara, Russland
2012 Einzelausstellung in der Hegau-Bodensee Galerie, Singen, Deutschland
2012 Einzelausstellung in der BSTU-Dresden (Gauck-Behörde), Deutschland
2013 Einzelausstellung in der Galerie Babylon, Samara, Russland
2013 Einzelausstellung im Atelier des Kunstvereins Baden-Baden e.V.
2013 Einzelausstellung im Krystallpalast Varieté, Leipzig
2013 Einzelausstellung in der Galerie Schloss Altenhain
2013 Doppelausstellung in der Galerie Brandmatt, Baden-Baden
2013 Teilnahme an der Weihnachtsausstellung Hegau-Bodensee Galerie, Singen
2014 Einzelausstellung im MDR, Leipzig
2014 Einzelausstellung im Schloss Altranstädt
Seit Ihrer Heirat Anfang 2011 pendelt Natalia Simonenko zwischen St. Petersburg und Stuttgart. Sie nimmt ständig an wechselnden Ausstellungen in Russland und Deutschland teil. Ihre Bilder werden in Russland, England, Deutschland, Frankreich, den USA und zahlreichen anderen Ländern gesammelt.