Vortrag und Diskussion mit Frank Richter, Direktor der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Dresden
Sachsen und Dresden leiden unter einem schlechten Ruf. Weltweit.
Das Land und seine Hauptstadt gelten als ein Zentrum von Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Es sind vor allem die Montag-Demonstrationen der PEGIDA-Anhänger, die diesen Ruf erzeugten und festigen: 25 000 von ihnen hatten sich auf dem Höhepunkt der Bewegung in Dresden versammelt. Was ihre selbsternannten Chefpropagandisten vom Podium in die Menge brüllten, provozierte all jene, die eine kultivierte Streitkultur als selbstverständlichen Teil politischer Auseinandersetzung im demokratischen Rechtsstaat erachten.
Entsprechend waren meist auch die Reaktionen jener, die von PEGIDA-Anhängern als „Lügenpresse“ „Volksverräter“ oder „Asylbetrüger“ bezeichnet werden: „Gesocks“, „Hetzer“ und „Verleumder“ tönte es zurück.
Einige Wenige haben sich bemüht, über die breiter und tiefer werdenden Gräben Brücken zu bauen. Der leider verstorbene Medienwissenschaftler Professor Wolfgang Donsbach oder der Politikwissenschaftler Professor Werner Patzelt gehören ebenso dazu, wie der Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung in Dresden, Frank Richter. Ihnen gemeinsam ist der Versuch, zwischen den unappetitlichen Gründerfiguren wie Lutz Bachmann und der Masse der Demonstranten zu differenzieren. Vor allem Frank Richter besteht darauf, die Demonstranten in einem Dialog einzubinden
Um herauszufinden, worin der tiefere Grund für ihre Kritik und ihren Zorn besteht. Sein Credo: Kommunikation kann schief gehen. Nicht-Kommunikation muss schief gehen. Wird Kommunikation verweigert, blockiert … oder durch Lügen vergiftet, zerfällt die Gesellschaft in ihre Einzelteile.
Für seine Bemühungen um Dialog wurden er und andere, die sich dieser Meinung anschlossen, als Pegida-Versteher verunglimpft. Dabei ist das Verstehen Voraussetzung für Heilung. Deshalb besteht Richter darauf, protestierende Menschen ohne Vorurteile erst einmal anzuhören, auch wenn ihm zunächst pauschale Ablehnung und Hass gegen „die da oben“, gegen Flüchtlinge und Asylbewerber entgegenschlägt. Bewusst ihrer Wut erst einmal freien Lauf zu lassen, sie aushalten, um am Ende den Kern ihrer Kritik auszuloten – das ist das Ziel. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es seiner Meinung nach eines Teams trainierter, überparteilicher Moderatoren.
Diese Teams wurden ausgebildet und in den Kommunen Sachsens eingesetzt. Sie haben mittlerweile wichtige Erfahrungen gesammelt. Diese Erfahrungen hat Frank Richter aufgeschrieben und der Öffentlichkeit vorgelegt. Man darf gespannt sein, wie Politik und Medien darauf reagieren werden.
Wir freuen uns, Frank Richter als Gast des ost-west-forums auf Gut Gödelitz begrüßen zu dürfen. Zum Vortrag und dem anschließendem Gespräch möchten wir Sie herzlich einladen.
Mit freundlichen Grüßen.
Axel Schmidt-Gödelitz, Vorstandsvorsitzender
Zur Person: Frank Richter
Frank Richter wurde 1960 in Meißen geboren. Nach dem Abitur war er von 1979 bis 1981 Bausoldat der Nationalen Volksarmee in Stralsund.
Danach studierte er in Erfurt und Neuzelle Theologie. 1987 wurde er zum katholischen Priester geweiht. Im Herbst 1989 nahm er als Kaplan der Dresdner Hofkirche an den Demonstrationen gegen das DDR-Regime teil. In dieser Zeit wurde er, gemeinsam mit Kaplan Leuschner, als Gründer der Gruppe 20 in Dresden bekannt, die als erste oppositionelle Gruppierung offiziell als Gesprächspartner der Staatsmacht, in der Person des Dresdner Oberbürgermeister Berghofer, akzeptiert wurde. Schon damals zeigte sich seine besondere Begabung und Fähigkeit zum Vermittler und Moderator.
Nach der Wiedervereinigung arbeitete Frank Richter von 1994 bis 1996 als Diozösanjugendseelsorger des Bistums Dresden-Meißen und anschließend als Pfarrer in Aue. Von 2001 bis 2005 war er Referent für Religion und Ethik am Comenius-Institut in Radebeul. Im Jahr 2005 ließ er sich laisieren, um zu heiraten. Er wechselte zu Altkatholischen Kirche, für die er von 2006 bis 2007 als Pfarrer in Offenbach tätig war. Im Folgenden arbeitete er als Lehrer in Hessen.
Seit Februar 2009 ist Frank Richter Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung in Dresden. In dieser Position bemühte sich vor allem um ein gemeinsam getragenes Gedenken an die Bombenangriffe auf Dresden im Februar 1945 und einen Dialog zwischen Pegida-Anhängern und ihren Gegnern in Politik und Zivilgesellschaft.
Frank Richter wird die Landeszentrale für politische Bildung zum Jahresende verlassen und zur Stiftung Frauenkirche wechseln.
Er ist dem ost-west-forum als Beirat der WerteAkademie für junge Führungseliten Gut Gödelitz verbunden.