Lange Jahre ruhte der Streit. Erst mit dem Ausbruch der Krise in den südeuropäischen Ländern flammte er wieder auf.
Erneut wird argumentiert, dass nach wie vor die Voraussetzungen für eine einheitliche Währung nicht gegeben sind. Nur eine zentrale Wirtschafts – und Währungspolitik mit klaren Durchgriffsrechten von oben nach unten würde eine gemeinsame Währung mit unterschiedlich starken Volkswirtschaften zum Erfolg verhelfen. Ist dies nicht der Fall, müsste ein System des horizontalen und vertikalen Finanzausgleichs dafür sorgen, dass schwache oder gar kriselnde Staaten von den stärkeren gestützt würden. Sind die Bevölkerungen der wirtschaftlich starken Staaten dazu bereit? Zweifel sind angebracht. Oder soll zumindest Griechenland die Euro-Zone verlassen und sich mit einer Politik der Wechselkursänderung aus der Krise heraus manövrieren?
Andererseits: Gab es da nicht auch die Hoffnung, dass die gemeinsame Währung die beteiligten Staaten Europas auch politisch zu einer engeren Kooperation drängen würde? Ja, dass gerade die Krise die Staatenlenker zu der Einsicht bringt, einzelstaatliche Souveränitätsrechte aufzugeben, um das größte Friedensprojekt, das dieser geschundene, blutgetränkte Kontinent in seiner langen Geschichte je zustande gebracht hat, zu stabilisieren? Den Friedensnobelpreis gab es doch genau deswegen!
Was also tun? Während die Politik den wieder munter weiter spekulierenden Finanzmärkten fast hilflos gegenübersteht, ist die Heilung, an dem die südeuropäischen Krisenstaaten genesen sollen, mehr als umstritten. Weil es im hohen Maße sozial ungerecht ist und nur die Kleinen bestraft, während die Reichen ihr Vermögen mit einem Klick ins rettende Ausland verschwinden lassen können. Wer nur seine Arbeitskraft hat und von der staatlich verordneten Sparpolitik so weit gedrückt wird, dass er kaum sich und seine Familie ernähren kann, dem kommen Zweifel – sowohl an dem Europäischen Wohlstandsmodell, als auch an der Demokratie als solcher. Was hier im Süden Europas an Gefahrenpotential heranwächst, sollte nicht unterschätzt werden – vor allem dann nicht, wenn die gesamte Diskussion nur noch von ökonomischen Fachexperten geführt wird, die politische Dimension hingegen nur noch am Rande Erwähnung findet.
Zur Person: Professor Dr. Georg Milbradt
Geboren am 23. Februar 1945 in Eslohe (Sauerland). Seine Familie stammt aus Wongrowitz (bei Posen) und flüchtete bei Kriegsende nach Westdeutschland. 1964 Abitur in Dortmund. Von 1964 bis 1968 Studium der Volkswirtschaft – mit den Nebenfächern Jura und Mathematik – an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster/Westfalen. Abschluss als Diplom-Volkswirt.
1970 bis 1980 wissenschaftlicher Mitarbeiter / Assistent am Institut für Finanzwirtschaft an der Universität Münster. 1973 Promotion, 1980 Habilitation und Erwerb der Lehrbefugnis für Volkswirtschaftslehre. 1980 bis 1983 Lehrstuhlvertretung für Finanzwirtschaft und Volkswirtschaft an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Seit 1985 außerplanmäßiger Professor an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster/Westfalen.
Seit 1973 ist Georg Milbradt Mitglied der CDU. Von 1983 bis 1990 war er Finanzdezernent der Stadt Münster, von 1990 bis Januar 2001 sächsischer Staatsminister der Finanzen.
Seit 1991 ist er Mitglied des Landesverbandes der sächsischen CDU, seit 1994 Mitglied im sächsischen Landtag. 1999 wurde Georg Milbradt zum Stellvertretenden Landesvorsitzenden und im September 2001 zum Vorsitzenden des CDU-Landesverbandes Sachsen gewählt. Die Wahl zum sächsischen Ministerpräsidenten erfolgte am 18. April 2002. Anfangs Chef einer CDU-Alleinregierung, führt er seit den Landtagswahlen im September 2004 eine Koalitionsregierung aus CDU und SPD. Am 10. November 2004 wurde er als Ministerpräsident des Freistaats Sachsen im Amt bestätigt.