Lesung und Gespräch mit Dr. Susanne Fengler und Prof. Egon Bahr: Arbeit und Leben in Parteizentralen

Veranstaltung am 11.6.2005
© W. Szalai

© W. Szalai

 

Zu unserer Veranstaltung hatten wir zwei Gäste eingeladen, die über ihre Erfahrungen in Parteizentralen berichteten: Dr. Susanne Fengler, eine junge Wissenschaftlerin und Schriftstellerin, die von 2001 bis 2003 in der Berliner CDU-Parteizentrale arbeitete. In der Abteilung für politisches Marketing und interne Kommunikation bereitete sie Strategien und Texte für den Bundestagswahlkampf 2002 vor. In einem Roman mit dem Titel hat sie ihre Erfahrungen auf eine zugleich amüsante wie auch aufschlussreiche Weise verarbeitet. Sie hat uns daraus vorgelesen.

Unser zweiter Gast, Professor Egon Bahr, war von 1976 bis 1981 Bundesgeschäftsführer der SPD. Während die junge Susanne Fengler als Neuling in die politische Kampfarena einstieg und im unteren Bereich der Hierarchie siedelte, bildete der erfahrene Politiker Egon Bahr die Spitze der Organisation und gab die Richtung vor.

Wer Stil und Inhalt von Wahlkämpfen auch nur oberflächlich analysiert, dem wird es schwer fallen, Egon Bahr und Susanne Fengler als Mitwirkende zu sehen.

Haben sich die Wahlkämpfer vor 20 Jahren schon von Agenturen beraten lassen, die ihr Alltagsleben mit Waschmittelwerbung bestreiten? Gab es noch Versuche, die Menschen mit politischen Grundüberzeugungen, mit Konzeptionen und ganzen Sätzen zu konfrontieren? Oder galt dies schon damals als naiv? Und wie ist das heute? Wie weit ist der amerikanische Wahlkampfstil bereits in unsere Parteizentralen eingedrungen? Von welchem Menschenbild werden unsere Wahlkampfstrategen geleitet? Wie weit kann man – wie weit muss man – Klugheit, differenziertes Denken und ein Grundbedürfnis nach Wahrhaftigkeit reduzieren, um da noch mitwirken zu können?

Über dieses und anderes haben Susanne Fengler und Egon Bahr berichtet und mit uns diskutiert.


 

zur Person: Prof. Dr. H.C. Egon Bahr

geboren 1922 in Treffert/Thüringen. Schulzeit in Berlin. 1942 bis 1944 Soldat im zweiten Weltkrieg. Nach 1945 arbeitet er als Journalist bei verschiedenen Zeitungen und zehn Jahre lang als Chefkommentator beim Rias Berlin (Radio im amerikanischen Sektor). 1960 bis 1966 Senatssprecher und Leiter des Presse- und Informationsamtes unter dem regierenden Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt.

In dieser Zeit entwickelte Bahr gemeinsam mit Willy Brandt die Leitgedanken für die spätere neue Ostpolitik. Bahr wird zum Architekten der Verträge mit Russland, Polen und der DDR (“Wandel durch Annäherung”) sowie zum Vordenker und Strategen für die Beendigung des kalten Krieges. Mit beginn der Kanzlerschaft Willy Brandts wird er Staatssekretär und Bundesminister für besondere Aufgaben im Bundeskanzleramt in Bonn.

Nach dem Rücktritt Brandts wird Egon Bahr 1974 Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Von 1976 bis 1981 bekleidet Bahr das Amt des Bundesgeschäftsführers der SPD. Bis 1991 ist er Präsidiumsmitglied der Partei. Von 1984 bis 1994 leitet er das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg.

Anlässlich seines 80. Geburtstages wird Egon Bahr die Ehrenbürgerwürde von Berlin verliehen.

 

Zur Person Susanne Fengler:

Geboren 1971 in Dormund als Tochter eines Unternehmers. Während der Schulzeit Ballettausbildung sowie Schauspiel-Kurs an der Royal Academy of Dramatic Art in London.

Nach dem Abitur Schauspiel-Studium in New York. Anschließend Rückkehr nach Berlin. Beginn des Studiums der Kommunikations- und Theaterwissenschaften an der Freien Universität. Fortsetzung des Studiums an der Columbia University in New York. Promotion über Medien-Journalismus in den USA mit einem Stipendium der Fazit-Stiftung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung”. Danach wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität Berlin. Schon während ihres Studiums arbeitete Susanne Fengler als freie Journalistin, u. a. für „Die Welt“ und Berliner Radiosender sowie als Drehbuchautorin für die Bavaria Film.

Von 2001 bis 2003 arbeitete sie als Texterin in der Abteilung für politisches Marketing und interne Kommunikation in der Bundesgeschäftsstelle der CDU in Berlin. Schwerpunkt: Bundeswahlkampf 2002. Seit 2003 ist sie Lehrbeauftragte für Kommunikationswissenschaft in Berlin, Fribourg  und Lugano – und demnächst in Tadschikistan.

Veröffentlichungen: Zwei historische Romane „Die Portraitmalerin“ und „Die Ballerina“ sowie „Fräulein Schröder“.