Vortrag und Diskussion mit: Dr.-Ing. E. h. Eberhard von Kuenheim: Globalisierung und deutsche Automobilindustrie

Gut geführte internationale Konzerne gewinnen an Finanzkraft und Einfluss, die kleineren und mittleren Betriebe werden von der größten Pleitewelle seit Kriegsende erfasst. Über fünf Millionen Arbeitslose sind registriert, die reale Zahl ist weit höher. Der Nationalstaat verliert an Gestaltungskraft, der Finanzrahmen wird enger, die Möglichkeiten sozialer Abfederungen werden geringer. Die Spaltung unserer Gesellschaft in Gewinner und Verlierer nimmt zu. Auch die Abwendung der Menschen von demokratischer Mitgestaltung, ihre Resignation und ihre Wut nehmen zu. Nicht nur auf Politiker, auch auf Manager, die bei hohen Gewinnspannen gleichzeitig Massenentlassungen anordnen. Ist das nur kalte Macht- und Profitgier? Oder sind es notwendige Entscheidungen, um die Konzerne auf den zu erwartenden weltweiten Konzentrationsprozess vorzubereiten? Wie ist dieses Verhalten, wie ist diese ganze Entwicklung einzuordnen?

Beispiel BMW

Mit Eberhard v. Kuenheim haben wir einen Industriemanager eingeladen, der die Zeichen der Zeit, die Notwendigkeit von Veränderungen immer erkannt und entsprechend reagiert hat. Er hat den Autobauer BMW von einem mittelständischen Unternehmen zu einem weltweit produzierenden Konzern umgebaut. Dies hat ihn zu einem der erfolgreichsten Manager der Bundesrepublik gemacht. Aber ihm war auch immer bewusst, dass der Erfolg auch von guten und motivierten Mitarbeitern abhängt. Sein Verhältnis zu Betriebsrat und Gewerkschaften war stets kooperativ – was ihm von Gewerkschaftsseite öffentlich bestätigt wird.

Wie sieht er die gegenwärtige Entwicklung? Welche Auswirkungen hat die Globalisierung auf die deutsche Autoindustrie – speziell auf BMW? Sind Produktionsverlagerungen ins Ausland unvermeidlich? Sind Massenentlassungen notwendige Begleiterscheinungen? Was muss sich an den Rahmenbedingungen, am Standort Deutschland ändern?

zur Person:

Eberhard v. Kuenheim wurde 1928 in Ostpreußen geboren. Einschulung 1935. Kurz vor Kriegsende wurde er noch zum Kriegsdienst eingezogen. Abitur 1948. Im Anschluss bis 1950 erste Arbeitsstelle bei der Firma Bosch in Stuttgart.
1950 – 1954 Studium Maschinenbau an der Technischen Universität Stuttgart. Abschluss als Diplom-Ingenieur.

Die nächsten 11 Jahre – von 1954 bis 1965 – arbeitete Eberhard v. Kuenheim bei der Werkzeugmaschinenfabrik Max Müller in Hannover (Heute: Gildemeister AG, Bielefeld).

1965 wechselte er zur Quandt-Gruppe nach Bad Homburg. 1968 war er bereits deren Generalbevollmächtigter und gleichzeitig stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Industriewerke Karlsruhe Augsburg AG.
Ein Jahr später übernahm er den Vorsitz des Vorstandes der BMW AG in München – damals noch ein mittelständisches Unternehmen. Als er 1993 den Posten des Vorstandschefs gegen den des Vorsitzenden des Aufsichtsrats eintauschte, war die Firma BMW unter seiner Leitung zu einem erfolgreichen Weltkonzern geworden.
Als Eberhard v. Kuenheim als Doyen der deutschen Automobilindustrie 1999 aus dem Aufsichtsrat ausschied, dankte ihm BMW für seine überragenden Leistungen mit der Einrichtung der Eberhard von Kuenheim Stiftung. Als Vorsitzender des Kuratoriums widmet er sich seither dem Wirtschaftsnachwuchs im Sinne einer Elitebildung. Und Elite bedeutet für Eberhard v. Kuenheim keineswegs nur fachliche Spitzenleistungen; wer sich zur Elite zählt, hat Vorbild zu sein, hat Werte zu verkörpern, muss charakterlich „einwandfrei“ sein.
Eberhard v. Kuenheim wurde mit zahllosen Ehrungen bedacht – unter anderen erhielt er die Ehrendoktorwürde der TU München und der TU Clausthal, dreimal wurde er von den Wirtschaftsjournalisten in Deutschland zum „Industriemanager des Jahres“ gewählt.
Seit 1998 ist Eberhard v. Kuenheim auch Mitglied des Kuratoriums des ost-west-forum Gut Gödelitz e. V. Er lebt in München und Mockritz/Sachsen.