Veranstaltung am 23. Februar 2007
Sie erinnern sich an Vortrag und Diskussion mit Herrn von Kuenheim? Damals, im April 2005, ging es unter anderem um die Rolle des Nationalstaates im Zeitalter der Globalisierung. Wir endeten mit der Ankündigung, dass wir dieses wichtige Thema zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufgreifen würden. Nun hat der ehemalige Bundesminister für Entwicklungszusammenarbeit, Dr. Erhard Eppler, ein beeindruckendes Buch zu dieser wichtigen Frage geschrieben.
Er hat es vorgestellt und mit uns darüber diskutiert.
Wenn Europäer – vor allem aber Deutsche – heute dem Staat misstrauen, wenn sie fürchten, er könne zu stark werden, dann haben sie einfach die Lektionen des 20. Jahrhunderts gelernt: Kriege zwischen Staaten haben fast in jeder Familie Lücken gerissen, Staatsterror hat Menschen zu gejagten Opfern gemacht – oft ist das Gewaltmonopol zum Mordmonopol verkommen.
Erhard Eppler weiß dies. Er befürchtet jedoch, dass im 21. Jahrhundert nicht der allmächtige, sondern der ohnmächtige Staat zur Gefahr wird. Dies gilt nicht nur für Afrika und Zentralasien, wo Staaten einfach zerfallen und dem Chaos Platz machen. Es gilt auch für Europa, wo die Nationalstaaten zum Spielball eines global agierenden Kapitals zu werden drohen. Um des Erhalts des inneren und äußeren Friedens willen sind wir jedoch zur Stärkung des sozialen demokratischen Rechtsstaates geradezu verurteilt.
zur Person:
1926 In Ulm geboren, aufgewachsen in Schwäbisch Hall.
1943 – 1945 Soldat
1951 Abschluss des Studiums der Germanistik und Geschichte mit der Promotion
1953 – 1961 Lehrer
1961 – 1976 Mitglied des Deutschen Bundestags
1968 – 1974 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit
1970 – 1991 Mitglied des Bundesvorstandes der SPD
1973 – 1981 Landesvorsitzender der SPD in Baden-Württemberg
1973 – 1992 Vorsitzender der Grundwertekommission der SPD
1976 – 1982 Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg
1976 – 1980 Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion
1981 – 1983 Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages
1985 – 1989 Stellv. Vorsitzender beider Programmkommissionen der SPD
1989 – 1991 Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages
Zahlreiche Veröffentlichungen – unter anderen:
• Ende der Wende – Von der Machbarkeit des Notwendigen (1975)
• Wege aus der Gefahr (1981)
• Die tödliche Utopie der Sicherheit (1983)
• Kavalleriepferde beim Hornsignal. Über Sprache und Politik (1992)
• Als die Wahrheit verordnet wurde. Briefe an meine Enkelin (1997)
• Die Wiederkehr der Politik (1998)
• Privatisierung der politischen Moral? (2000)
• Komplettes Stückwerk. Erfahrungen aus fünfzig Jahren Politik (2001)
• Vom Gewaltmonopol zum Gewaltmarkt (2002)
• Auslaufmodell Staat? (2005)
(Dieses Buch erhielt 2006 den Preis „Das politische Buch des Jahres“ der Friedrich-Ebert-Stiftung.)