Döbelner Allgemeine Zeitung – Entzauberung des Barack Obama

20. April 2009

“Obama ist kein Entscheider, er ist ein Motivator.” Dr. Andrea Mehrländer entzauberte Barack Obama.

Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika galt einst als der mächtigste Mann der Welt. Doch inzwischen hat sich die Situation für die USA dramatisch geändert – nicht nur ökonomisch. Ein Mann soll nun dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten wieder zu alter Stärke verhelfen: Barack Obama. Wie schlimm die Lage der USA wirklich ist und welche Chancen Obama dabei hat, analysierte Dr. Andrea Mehrländer beim ost-west-forum auf Gut Gödelitz am Sonnabend.
„Obama ist kein Entscheider, er ist ein Motivator.“ Diese These von Dr. Andrea Mehrländer sorgte nach dem Vortrag der Amerikanistin für Diskussionen. Immerhin werden von dem neuen, afroamerikanischen Präsidenten Wunder erwartet. Kann ein Motivator diese Erwartungen erfüllen? Die Antwort der Expertin fiel skeptisch aus. Die Spezialistin für amerikanische Geschichte des 19. Jahrhunderts zeichnete während ihres Vortrages ein facettenreiches Bild der aktuellen inneren Lage der USA. Schwerpunkt ihrer Analyse: Der Abgleich nordamerikanischer Probleme mit den tradierten Wertevorstellungen der amerikanischen Staatsbürger. „Der Durchschnittsamerikaner will keine Krankenversicherung abschließen müssen, weil das für ihn eine Beschneidung seiner persönlichen Freiheit bedeutet“, stellte Mehrländer klar. Für etwas Verwirrung im Publikum sorgte auch ein Vergleich, den Mehrländer zog. Obama habe die Fähigkeiten, genau zuzuhören und stets einen Mittelweg zu finden, ebenso wie unsere Bundeskanzlerin Merkel. Zwar schrieb die Expertin dem neuen Präsidenten zahlreiche Schlüsselkompetenzen zu, stellte aber zugleich klar, dass die schwierige Situation der USA tiefer sitzt, als viele denken.
„Alles, was in dem Vortrag gesagt wurde, war nachvollziehbar und schlüssig“, sagte Reinhard Greiten nach der Veranstaltung. Die Skepsis darüber, ob Obama das Ruder zu Gunsten seines Landes herum reißen kann, teile er mit Mehrländer. „Er wird sich schwerer tun als Busch. Aber ich schätze ihn trotzdem positiv ein“, sagte Greiten. Auf die Frage, wo die USA nach der enormen Verschuldung während der Wirtschaftskrise sparen will, lieferte Mehrländer eine klare Antwort: Bildung. „Zukünftig werden die Kinder über Computer unterrichtet, von Lehrern, die hunderte Kilometer entfernt sind“, prognostizierte die Amerikanistin.

Stefan Hantzschmann