Flüchtige Raumsequenzen

Am 19. September 2009 ist eine Ausstellung mit Arbeiten von Thomas Hellinger unter dem Titel “Flüchtige Raumsequenzen“ eröffnet worden. Der Maler war anwesend. Die gezeigten großformatigen und meist farbintensiven Bilder sind in den letzten zehn Jahren entstanden.
Thomas Hellinger ist 1956 in Konstanz geboren. Studiert hat er in München, Berlin, Kanada und den USA. Er lebt und arbeitet in Dresden.

Ein zentrales Thema seines Schaffens ist der Raum. Nicht ein konkreter Raum, sondern das Wesentliche von Raum schlechthin. Vielleicht haben ihn die amerikanischen Wolkenkratzer dazu inspiriert.

n seinen Bildern scheint er unsere gewohnte Raum-Zeit-Prägung aufzubrechen. Normalerweise sehen wir ein Objekt von einem bestimmten Raumpunkt, einem bestimmten Ort, einer bestimmten Perspektive aus. Bildbetrachtung ist gewissermaßen eine statische Wahrnehmung. Und erst von einem neuen Ort, einem neuen Raumpunkt aus haben wir eine andere Sicht, eine andere Perspektive auf das gleiche Objekt. Wir müssen uns also bewegen, und dies im Raum und in der Zeit. Bei Thomas Hellinger wird diese Normalität aufgehoben. In seinen Bildern ist man als Betrachter zugleich an verschiedenen Raum- und Zeitpunkten. Wir kennen diese faszinierenden Wirkungen aus unseren Träumen oder aus Filmen mit ihren Überblendungen.
Auch Thomas Hellinger arbeitet mit „Überblendungen“. In seinen Bildern gibt es Durchdringungen, Überlagerungen und Verschleierungen von mit Farben, Linien und Flächen geschaffenen Räumen. Er macht so unserer Phantasie Angebote, gibt ihr Anreize, führt uns in Seh-Versuchungen. Er scheint unsere Sehnsucht nach der Gleichzeitigkeit des Ungleich-zeitigen befriedigen zu können. Und er ermöglicht uns eine „bewegliche Wahrnehmung“.
Sein Anstoß, Dinge von verschiedenen Standpunkten aus zu sehen, sie anzuschauen und zu beurteilen kann auch als Aufforderung und Ermutigung zur „Multiperspektivität“ im eigenen Umgang mit Mitmenschen aufgefaßt werden. Neben dem eigenen Standpunkt zu jemandem und zu etwas auch andere Standpunkte von Zeitgenossen zu kennen und anzuerkennen das ist doch der Kern von Empathie, von einfühlsamem Fremdverstehen also, es ist der Kern von Toleranz. Ohne eine solche – auf der Wertehierarchie unseres Grundgesetzes fußende – Toleranz aber ist eine friedensfähige Gesellschaft nicht möglich. Das „ost-west-forum Gut Gödelitz“ fühlt sich der Beförderung der Friedensfähigkeit unseres Gemeinwesens besonders verpflichtet. Seine Veranstaltungen wollen auch ein Übungsfeld von Empathie und Toleranz sein. Auch darum passen die Bilder von Thomas Hellinger so gut nach Gödelitz. Sie werden dort bis Ende November 2009 zu sehen sein.

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