Döbelner Anzeiger – Foodwatch macht reinen Tisch

21.09.2009

 

Die Organisation für Verbraucher entlarvt die Betrügereien der Lebensmittelindustrie.

Erst Anfang September musste die Firma Nestle die Tütensuppe „Maggi Natur Pur“ vom Markt nehmen. Die Verbraucherrechtsorganisation „Foodwatch“ hatte das Produkt als Mogelpackung entlarvt. Obwohl „ohne Geschmacksverstärker“ draufstand, waren welche drin – getarnt als Hefeextrakt. Der Chef der Organisation „Foodwatch“ Thilo Bode klärte am Sonnabend beim Ost-West-Forum im Gut Gödelitz auf, wie der Verbraucher von der Lebensmittelindustrie getäuscht und von der Politik allein gelassen wird.

Verbraucher getäuscht

Laut Gesetz muss Hefeextrakt nicht als Geschmacksverstärker deklariert werden, obwohl er die drei geschmacksverstärkenden Substanzen Glutamat, Inosinat und Guanylat enthält. „Das mag zwar legal sein, ist aber eine dreiste Täuschung“ , sagte Thilo Bode. Ähnlich bei den Fitness-Fruits. Diese machen nicht fit, sondern fett. Sie enthalten 35 Prozent Zucker – blanker Schwindel – auf der Packung findet der Käufer keinerlei Hinweise auf den hohen Zuckergehalt. Handel und Hersteller müssen ehrlich draufschreiben, was in ihren Produkten drin ist. Und es muss drinsein, was draufsteht. Dafür kämpft Foodwatch – setzt sich für die Einführung des Ampel-Systems als Kennzeichnung ein.

Dabei wird der Gehalt an Nährwerten mit der Farbe Grün als gering, Gelb als mittel und Rot als hoch eingestuft. „Ein System, dass von allen Leuten mit einem Blick zu erfassen ist“ so Bode. Seit 2006 wurde das System von den Briten getestet und für gut befunden. Außerdem sprachen sich 69 Prozent der Deutschen, die an einer repräsentativen Emnid-Umfrage teilnahmen, für die Ampel-Kennzeichnung aus. Was passiert?

Falsches Spiel der Politik

Die Europäische Kommission will die Nährwert-Ampel verhindern und die deutsche Politik schaut zu. Verbraucherministerin Ilse Aigner spielt ein Doppelspiel, so Bode. Während die Ministerin im Vorfeld der Bundestagswahlen Offenheit für die Ampelkennzeichnung vorgaukelt, glänzt sie im EU-Ministerrat durch Nichtstun. „Das Mindeste wäre doch, dass sie sich gegen das Verbot ausspricht“, forderte Bode.

Nicht hinnehmbar und arrogant findet Bode die Ausweichtaktik von Politik und Industrie auf solche Skandale. Sie schieben glatt den Verbrauchern die Schuld zu: Wäre die „Geiz ist geil“-Mentalität nicht vorherrschen, wäre die Qualität und Sicherheit der Lebensmittel besser, so die Schuldzuweisung.

Dagmar Doms-Berger

Weitere Informationen zum Thema unter www.foodwatch.de und in dem 2007 erschienenen Buch von Thilo Bode „Abgespeist“- Wie wir beim Essen betrogen werden und was wir dagegen tun können – erschienen im S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007, 253 Seiten ISBN 978-3-10-004307-8, 14,90 Euro.