“Verleger in zwei Gesellschaftssystemen” – Elmar Faber über sein Leben, seine Arbeit und sein neues Buch

Veranstaltung am 2. August 2014

Elmar Faber war der bedeutendste Verleger der DDR – in seiner Person verkörpert sich Deutsche Literatur- und Verlagsgeschichte als eine Existenz in zwei Gesellschaftssystemen.
Ein Leben zwischen den Untergängen könnte man die Erinnerungen des deutsch-deutschen Verlegers Elmar Faber nennen: von den Trümmern Weimars über den Zusammenbruch 1945 bis zum Ende der DDR 1990 und darüber hinaus. Doch hier wird nichts betrauert, sondern mit luzider Heiterkeit über ein immer auch politisches Leben berichtet, das sich nie irgendeiner allgemein verbreiteten Meinung andiente. Sein Engagement galt den Autoren der DDR – die meisten kannte er persönlich, viele verlegte er selbst bis vor wenigen Jahren, darunter Christoph Hein, Christa Wolf, Erwin Strittmatter, Wolfgang Hilbig und Heiner Müller.

Mit den großen Verlegern der Bundesrepublik – Siegfried Unseld vom Suhrkamp Verlag in Frankfurt und Michael Krüger von Carl Hanser Verlag in München – stand er von früh an in wirtschaftlicher Verbindung und auch persönlich in engem Kontakt. Für das geistige Leben der DDR hat Elmar Faber aber womöglich eine noch größere Rolle gespielt als es Unseld und Krüger und der eine oder andere mehr in der Bundesrepublik taten. Denn die DDR war auf eine besondere Weise ein Land des Buches. Dabei war es nicht die Zahl der Bücher allein, die in der DDR erschienen, sondern die Tatsache, daß die bedeutenden Themen der Gesellschaft in Büchern behandelt und abgehandelt wurden; in ihnen fanden die Debatten über die Ziele und Versäumnisse, die Hoffnungen und die Verzweiflung über den Zustand der gesellschaftlichen Enge statt. Verleger und insbesondere der bedeutendste unter ihnen, eben Elmar Faber, waren deshalb nicht nur Büchermacher, sondern Sachwalter der versteckten und ins Literarische abgeleiteten Diskurse und vieler Hoffnungen. Faber stand dann auch zeit seiner Tätigkeit als Verleger aufseiten der Literatur und kämpfte für die Freiheit des Wortes, soweit dies in der DDR möglich war. Eine leichte Position war dies nicht.

Und die Wende? Elmar Faber hat sie erlitten wie viele andere Kulturschaffende der DDR auch – als eine Art arroganten Übergriffs auf das kulturelle Leben selbst. Den Aufbau-Verlag verließ er nach Zerwürfnissen mit der neuen Geschäftsleitung 1992 – und gründete einen eigenen Verlag. Die härteste Phase seines Lebens, so nennt er die Jahre des Abschieds vom Aufbau-Verlag und der Gründung des eigenen, überwand er aus eigener Kraft und kehrte nach Leipzig zurück, wo er mit seinen bibliophilen Editionen der alten Bücherstadt sogar wieder etwas neues Leben einhauchen konnte.

Wir freuten uns, dass Elmar Faber auf Gut Gödelitz Gast war.

 

Videodukumentation: Verleger in zwei Gesellschaftssystemen


 

zur Person:

Elmar Faber, geb. am 1. April 1934 in Desbach, Thüringen. Nach dem Abitur in Jena studierte Faber von 1954 bis 1959 an der Universität Leipzig Germanistik. Im Jahr 1956 trat er der SED bei.  Im Anschluss war er als Redakteur, später auch als Chefredakteur der Wissenschaftlichen Zeitschrift der Leipziger Universität tätig. 1968 wechselte er als Lektor an das Bibliographische Institut Leipzig, wo er auch als Verlagsassistent arbeitete. Von 1975 bis 1992 stand Faber dann an der Spitze mehrerer großer ostdeutscher Verlagshäuser. Ab 1975 war er Verleger der Edition Leipzig, von 1983 bis 1992 Verleger des Aufbau-Verlages sowie von Rütten & Loening. Nach dem Zusammenbruch der DDR gründete er 1990 in Berlin den Verlag Faber & Faber, mit dem er 1995 nach Leipzig übersiedelte. Im Jahr 1990 wurde er Mitglied der PDS.