Rückblick – Csárdás bis Tango II

Konzertabend am 24.01.2015

Begrüßung und Einführung: Wendelin Szalai

Liebe Mitglieder und liebe Freunde des ost-west-forum Gut Gödelitz,

im Namen des Vorstandes unseres Bürgervereins begrüße ich Sie alle zu unserer ersten Veranstaltung im neuen Jahr.
Unser Verein wünscht Ihnen und Ihren Familien ein gutes Jahr 2015, ein Jahr mit äußerem und innerem Frieden, mit Gesundheit, mit Erfolgen und mit Freude.

Neujahrskonzert 24.1.2015Unserer heutige Veranstaltung soll Freude bereiten. Es handelt sich um einen Konzertabend, gewissermaßen um das Neujahrskonzert des ost-west-forum Gut Gödelitz. Der Titel lautet „Csárdás bis Tango -Teil 2“.

 

 

 

 


Den Teil 1 hatte es hier am 18. Januar 2014 gegeben. Und wer damals dabei gewesen ist, wird sich lebhaft an jenen mitreißenden Abend sowie an die beiden großartigen Musiker erinnern und sich auf den Teil 2 freuen. Wir haben vor einem Jahr erlebt, welche große Freude diese beiden Künstler an der Musik und am Musizieren haben – und wie ansteckend diese Freude sein kann.

Zum Teil 2 von  „Csárdás bis Tango“ sind aus Berlin wieder diese zwei Vollblutmusiker und Vollblutmusikanten zu uns nach Gödelitz gekommen. Wir freuen uns darüber sehr und begrüßen in unserer Mitte ganz herzlich Barbara Sadowski und Peter Gotthardt. Für diejenigen unter uns, die vor einem Jahr nicht dabei sein konnten, möchte ich die beiden Künstler kurz vorstellen.

Bei Barbara Sadowaski kann ich das mit ihrer witzigen „Autobiografie in einem Satz“ tun. Dieser Titel ist im Internet auf  ihrer Webseite zu finden. Er geht so:

„Damals im Septemberwind konnte ich mich an der Berliner „Hanns-Eisler“-Musikhochschule in  meinen Lieblingsfächern Geige, Kontrapunkt & Komposition austoben und brav meinen Abschluss machen, bin im Anschluss für zwei Jahre ins Exil nach Santiago de Compostela gepilgert, um in der „Real Filharmonia de Galicia“ als rechter Verteidiger zu spielen, habe mich dort mit bulgarischer Musik infiziert, sie im weiteren Verlauf als Heimkehrer in Verbindung mit russischer, rumänischer, serbischer, bosnischer, mazedonischer und ungarischer Musik in Konzerten als auch an Kinder der Berliner RomaniUnion weitergeben dürfen und innerhalb des Jahrzehntes somit erfolgreich verdaut, arbeitete gleichzeitig als Konzertmeisterin im klassischen Orchester – während mir ganz nebenbei die Geburt zweier prächtiger Mädchen glückte – und blieb immer öfter im Kämmerchen hängen, um Hörspiele mit Kindern und Radio-Feature  mit Erwachsenen aufzunehmen sowie mit geschätzten Filmmusik-Komponisten zusammenzuarbeiten; was mich jedoch nicht davon abhielt, meine zerzauste Jugend wieder einzufangen, noch ein Schauspielstudium anzuhängen und mich im Theater salonfähig zu zähmen, um endlich die Rolle der Kräuterhexe zu geben.“

Bei Barbara Sadowski haben wir es also mit einem Multitalent, mit einer Mehrfachbegabung zu tun. Musikerin ist sie, und Schauspielern ist sie. Komponieren kann sie auch. Und vor einem Jahr hat sie uns im Teil 1 mit faszinierenden Tanzeinlagen überrascht.

Ich bin gespannt, mit welcher ihrer Begabungen wir sie heute erleben dürfen.

Bei dem „geschätzten Filmmusik-Komponisten“, von dem in ihrer Kurzbiografie die Rede ist, handelt es sich um Peter Gotthardt. Dieser in Leipzig geborene und in Berlin lebende Komponist, Musiker und Verleger hat ebenfalls an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin studiert und zwar in den Fächern Klavier, Dirigieren und Komposition.

Seit 1976 ist er freischaffend als Komponist tätig. Aber er hat auch als Ballettkorrepetitor an der Komischen Oper Berlin gearbeitet. Und er war zeitweilig Chef der Schauspielmusik am Volkstheater Rostock.

National und international bekannt geworden ist Peter Gotthardt vor allem mit seinen Filmmusiken.
Mit über 500 komponierten Filmmusik-Titeln gehört er zu den kreativsten und bekanntesten Filmkomponisten unseres Landes. Seine Musik zum Film „Paul und Paula“ hat mit solchen Titeln wie „Geh zu ihr“ und „Wenn ein Mensch lebt“ inzwischen Kultstatus erlangt.

Darüber hinaus hat Peter Gotthard Kammermusik und Opern,Orchesterwerke, Kantaten und Oratorien komponiert.

Für sein künstlerisches Schaffen ist er sowohl in der DDR als auch im geeinten Deutschland mit Preisen geehrt worden.

Auch Peter Gotthardt ist eine Mehrfachbegabung: Der Komponist und Pianist hat 2011 seinen Gedichtband „Mitunter fällt mir etwas ein“ veröffentlicht. Ich bin von der Sprachschönheit der Gedichte begeistert und kann dieses Buch wärmstens empfehlen. Heute erleben wir den Komponisten und Dichter als Pianisten.

In Vorbereitung auf diesen Abend hatte ich bei Peter Gotthardt nach dem Programm gefragt. Seine Antwort-E-Mail lautete folgendermaßen:

 © Archiv Gotthardt

© Archiv Gotthardt

„Das Konzept ist das selbe wie beim Teil 1 geblieben. Unter dem Aspekt Musikantisches, Virtuoses, Kurzweiliges, Bekanntes sowie Unbekanntes (auch eigene Kompositionen) haben wir auch dieses Programm zusammengestellt und erarbeitet. Wir haben das große Glück, beim Musizieren den selben Atem zu haben und ohne besondere Verabredungen gleiches zu empfinden. Das gibt es auch in der musikalischen Welt nicht jeden Tag. Im Programm gibt es wieder Piazzolla zu hören, Werke von Darius Milhaud, Gabriel Fauré, Pablo de Sarasate, eine neue Solo-Kompositon von Barbara Sadowski u.a. Natürlich werden diese Werke von uns wieder moderiert, was ja vom Publikum sehr gern angenommen wird.Wir freuen uns wieder auf das ganz besondere Publikum in Gödelitz.“

Liebe Freunde, meine Damen und Herren,

ich brauch also nichts über das heutige musikalische Programm zu sagen.

Aber ich möchte – in freudiger Erwartung der Musik und angesichts der Malerei an den Wänden dieses Raumes – einige Anmerkungen machen über Beziehungen zwischen Musik und Malerei.

Welche unsichtbaren Verbindungen scheint es zwischen diesen Künsten zu geben?

Menschen Freude bereiten zu können ist gewiss eine solche Gemeinsamkeit.

Vor einem Jahr hatte ich die Begrüßung zum Konzertabend „Csárdás bis Tango“ mit einem Zitat von Aristoteles geschlossen. Dieser große griechische Philosoph aus dem 4. Jh. vor Christus hatte formuliert:
„Im Wesen der Musik liegt es, Freude zu bereiten.“

Im vorigen Monat, am 6. Dezember, hat unser Bürgerverein seine 30. Kunstausstellung mit diesen Bildern der russischen Malerin Natalia Simonenko eröffnet. In meiner Laudatio habe ich den folgenden Satz des Malers Adrian Ludwig Richter zitiert: „Wenn man den Leuten mit der Kunst Freude machen kann, so tue man es von Herzen, denn das ist doch der rechte Lohn der Kunst.“

Natürlich wird nicht jede Musik und nicht jede Malerei Freude bereiten – und schon gar nicht allen Leuten. Und natürlich können Malerei und Musik mehr als nur Freude bereiten.
Aber eine sehr schöne und eine ganz wichtige Gemeinsamkeit ist das Freudebereiten zweifellos.

Eine weitere Gemeinsamkeit dürfte darin bestehen, dass die Sprachen dieser beiden Künste (Klänge, Melodien, Formen und Farben) keine Worte benötigen. Sie können von allen Menschen verstanden werden. Hier gibt es keine Sprachbarrieren.

Für ein solches Verstehen von Bildern ohne Worte haben wir hier bei den Ausstellungen von Regina und Johannes Zepnick Beispiele gehört. Diese beiden Künstler haben auf ihren monatelangen Malreisen auch in schwierigen Ländern und Gebieten – auf dem Balkan, im Nahen Osten und in Indien – keinerlei Ablehnung erfahren, keine Schwierigkeiten gehabt, weil die Sprache ihrer Bilder von den Leuten verstanden worden ist.

Für das Verstehen von Musik ohne Worte sollen einige große Künstler zu Wort kommen:

Bedrich Smetana meinte: „Musik ist das Unsagbare.“
E.T.A. Hoffmann war sich sicher: „Wo die Sprache aufhört, fängt die Musik an.“
Carl Maria von Weber stellte fest: „Mit Hilfe der göttlichen Tonkunst lässt sich mehr ausdrücken und ausrichten als mit Worten.“
Joseph Haydn wusste: „Meine Sprache versteht die ganze Welt.“

Diese Gemeinsamkeit von Musik und Malerei, von Klangharmonien und Farbharmonien dürfte gerade in einer Zeit zunehmender  Globalisierung bei dem Begegnen und Verstehen von Menschen mit unterschiedliche Sprachen an Bedeutung zunehmen.

Eine dritte Gemeinsamkeit besteht darin, dass Malerei und Musik, vielleicht wie alle Künste, das ausdrücken können, was Menschen fühlen.
Derbekannte Bildhauer Auguste Rodin hat dies so ausgedrückt:
„Malerei, Skulptur, Literatur, Musik stehen einander viel näher, als man im Allgemeinen glaubt. Sie drücken alle Gefühle der menschlichen Seele…aus.“

Das Begegnen und Verstehen von Menschen geschieht ja nicht nur und nur selten zuerst – auf der Verstandesebene. Ebenso wichtig ist die Gefühlsebene.
Wie oft sind es „un-überlegte“ und nur von negativen Gefühlen ausgelöste Handlungen und Verhaltensweisen, die Probleme bereiten. Aktuell erleben wir ja auf erschreckende Weise, wie Taten und Verhaltensweisen, die durch Enttäuschung, Frust, Angst, Wut und Hass gesteuert sind, unsere Gesellschaft erschüttern, den inneren und den äußeren Frieden gefährden.

Die Bilder dieser Ausstellung und das heutige Konzert wollen positive Gefühle auslösen.
Lebensfreude wird gebraucht, auch um mit den Schwierigkeiten unserer Zeit und unseres Lebens fertig werden zu können. Lebens-Freude ist lebens- und über-lebenswichtig.

Liebe Freunde, meine Damen und Herren,
Natalia Simonenko, die Malerin dieser Bilder, hat von sich gesagt:  „Ich male die Farben des Klanges“.
Und ich hatte bei der Ausstellungseröffnung am 6. Dezember die Voraussage gewagt, dass ihre Bilder, diese Klang-Bilder, gut mit der Musik am heutigen Abend gut harmonieren werden.

Am Ende dieser Veranstaltung können wir überprüfen, ob ich damit Recht behalten habe.

Aber neben den angedeuteten Gemeinsamkeiten zwischen Musik und Malerei dürften diese Künste auch ihre Besonderheiten haben, dürfte es zwischen ihnen auch Unterschiede geben.

Zum Nachdenken über einen offensichtlichen Unterschied möchte ich abschließend mit der folgenden Frage anregen:

Was ist in der Musik und was in der Malerei jeweils ein Kunstwerk, was ist ein Original?

Bei der Malerei fällt die Antwort leicht. Das Kunstwerk, das Original ist das mit Farbe auf die Leinwand gemalte Bild.
Dieses Bild ist einmalig, es ist ein Unikat.

Bei der Musik ist es mit der Antwort schon komplizierter.

Wenn Peter Gotthardt ein Lied komponiert, dann existiert das Kunstwerk in Form von Noten auf einem Stück Papier. Wenn dieses Lied von ihm am Klavier gespielt wird, dann kann man ein Kunstwerk hören.
Handelt es sich aber bei jedem Spiel dieses Liedes, bei jeder Aufführung – auch auf anderen Instrumenten, auch von anderen Musikern – um ein Original?
Gibt es vielleicht in der Musik das Original gar nicht?
Oder ist jede Aufführung ein Original?

Aber vielleicht müssen wir am heutigen Abend über diese Frage nicht weiter nachsinnen.

Erfreuen wir uns einfach an der Musik, die Barbara Sadowski und Peter Gotthardt hier und heute original für uns spielen werden.

Ich wünsche uns allen einen freudvollen Abend.