Rückblick: Was muss in den Schulen passieren, damit etwas passiert?

Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Werner Esser, „Reformpädagoge“ und ehemaliger Leiter der renommierten Schulen Sankt Afra und Louisenlund.

Gut Gödelitz, Alte Schäferei, Sonnabend 5.12.2015 18.00 Uhr

„Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem.“ So oder so ähnlich klingt es, wenn die erziehungswissenschaftliche Fakultät das Lied von der Schule anstimmt, dessen Refrain lautet: “Neue Lehrer braucht das Land!“

Den Schülern sollen die besten Bildungsangebote ermöglicht werden. Die beste Bildung für die persönliche Entwicklung, für die Entfaltung der Talente, das Beste an Start-Kapital für das spätere Leben – ganz genau im Sinne einer Statussicherung und der Optimierung der Lebenssituation, für die die Eltern sich „krumm gelegt haben“, wie das früher so bildlich hieß, „Ihr sollt es besser haben!“

In der Schule herrschen ein enormer Druck und eine genauso große Hilflosigkeit, die im Übrigen keine andere ist als die in der Gesellschaft um sie herum. Nur lässt sich schließlich über die der anderen besser als über die eigene befinden … und Bildung haben wir schließlich alle erhalten, wissen also, wovon die Rede ist.

Mich hat der “göttliche Funke” noch nicht überholt, wonach der Herr alles, der Lehrer alles besser weiß. Ich war lange Zeit mit der Leitung, Gründung, Entwicklung und Veränderung von Schulen und von Schule befasst, davon fast doppelt so lange im Privatschul- wie im öffentlichen Schulbereich. Mir sind lediglich Fragen geblieben, die ich anhand einiger Erlebnisse erläutern will. Fragen, die mich grade bei einer neuerlichen Gründung umtreiben. Und ich habe den Verdacht, dass wir doch ein Erkenntnisproblem haben, zumal die Logik der Gestaltung ganz eigenen Linien folgt:

Wie muss diese Schule beschaffen sein, die heute unter noch gar nicht absehbaren Verwerfungen entstehen soll, die in einer Gesell-schaft ihren Platz haben soll, von der niemand wissen kann, wie diese Gesellschaft morgen ausschauen wird; wie muss sie ausschauen, damit diese Schule morgen – im geglückten Leben ihrer ehemaligen Schüler – halten kann, was sie heute an Bildung versprechen muss?

Denn ohne Bildungsversprechen wird sie leer bleiben. Aber ‚Bildung’: Welche? Woraufhin? Wie sieht der Bodensatz der Werte dieser Gesellschaft aus? Darüber würde ich gerne an diesem Abend mit Ihnen sprechen.

Prof. Dr. Werner Esser

Wir freuen uns, Professor Esser auf Gut Gödelitz begrüßen zu dürfen. Zum Vortrag und dem anschließenden Gespräch laden wir Sie herzlich ein.

Die Veranstaltung wird von Astrid von Friesen, Vorstandsmitglied des ost-west-forums, moderiert

Im Vorprogramm der Veranstaltung eröffnet Professor Szalai die 35. Kunstausstellung. Unter dem Titel „Wegmarken“ sind Arbeiten der Malerin Anne-Francoise Cart zu sehen.

Presse: Döbelner Anzeiger – Sächsische Zeitung: Neue Lehrer braucht das Land

ZUR PERSON:

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Prof. Dr. Werner Esser, Privatfoto

Professor Dr. Werner Esser

Werner Esser studierte Germanistik und Philosophie in Aachen und Freiburg; promovierte 1980. Nach seiner Arbeit als Literaturwissenschaftler entdeckte er seine Leidenschaft fürs Schulwesen. 30 Jahre war er in leitender Position in verschiedenen Internaten tätig – Schule Schloss Salem, Landesgymnasium St. Afra, Meißen, und Internat/Ganztagsgymnasium/IB World School Louisenlund.

In dieser Zeit begleitete Werner Esser – neben seiner Lehrtätigkeit – zahlreiche Schulentwicklungsprogramme auf unterschiedlichen Ebenen. Er führte Projekte im baulichen, strukturellen und personellen Bereich, entwickelte Konzepte zur Hochbegabtenförderung in Sachsen, engagierte sich für die Zusammenarbeit „seiner“ Internate mit Universitäten. Seit 2007 hat Esser eine Honorarprofessur für Hochbegabtenforschung und Förderung im Rahmen der Allgemeinen Schulpädagogik.

Nach seiner Ausbildung zum systemischen Coach an der Coaching Akademie Weimar-Wiesbaden (Dr. Martin Creutzburg) und der Universität des Saarlandes (Prof. Dr. Franziska Perels) arbeitet Esser als selbstständiger Coach und Consultant.

Literaturliste (Auswahl)

  • Über die Fürstenschule St. Afra zu Meißen – Kreativität: Etwas Verbotenes? – Pädagogische Führung. Zeitschrift für Schulleitung und Schulberatung. 2/2002, S.63 ff
  • Eine Lust zu denken. Begabtenförderung am Landesgymnasium St. Afra zu Meißen …zum Beispiel im Fach Deutsch. – In. Christian Fischer et. al.: Curriculum und Didaktik der Begabtenförderung. Begabungen fördern, Lernen individualisieren. Münster: Litverlag 2004
  • Von Vorbildern, Ehrenämtern und „Jungen Eliten“. Diesseits und jenseits des Elitären. Hans Peter Dreitzels Elitebegriff noch einmal gelesen. In: Schulz, Dieter; Gutjahr-Löser, Peter; Wollersheim, Heinz-Werner (Hrsg.) Leipzig 2007
  • Werner Esser Das Prinzip Mentor. Was hat Begabtenförderung mit Reformpädagogik zu tun? In: Trautmann, Manke, Begabung – Individuum – Gesellschaft, 2013 Beltz Juventa Verlag, Weinheim Basel