Vorbeugende Politik aber ist im Denken und Handeln unserer auf Machterhalt und Wiederwahl konzentrierten politischen Elite nicht verankert. Aber vielleicht sind die allermeisten Menschen dem „Prinzip Hoffnung“ so stark verbunden, dass sie sich mit Gefahren, die nicht unmittelbar drohen, einfach nicht beschäftigen wollen. Der Alltag, das Heute und Jetzt, sind schwierig genug. Und genau diese Haltung bedeutet die wohl größte Gefahr für die Zukunft der Menschheit.
Bevölkerungswissenschaftler genossen in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Krieg keine große Anerkennung und fanden wenig Beachtung. Ein wichtiger Grund war der Missbrauch dieses Wissenschaftszweiges durch die Nationalsozialisten. In der DDR wurde er eher akzeptiert. Seit 1969 gab es an der Humboldt-Universität zu Berlin einen Lehrstuhl für Bevölkerungswissenschaften. Inhaber dieses Lehrstuhls war von Anbeginn bis 1991 der aus dem Iran stammende Professor Dr. Parviz Khalatbari. In der internationalen Gemeinschaft der Bevölkerungswissenschaftler genießt er bis heute große Hochachtung und Wertschätzung. Wir haben ihn für die erste Veranstaltung im neuen Jahr gewinnen können.
Zur Person:
Geboren 1925 in Teheran, aufgewachsen in einer bürgerlichen Familie. Nach dem Abitur Studium der Rechtswissenschaften und der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Teheran. Nach Abschluss (Diplom) 1946 Bankangestellter bis 1949. Verhaftung 1949 wegen illegaler politischer Tätigkeit und Verurteilung durch ein Militärtribunal zu drei Jahren Haft. 1950 Flucht aus dem Gefängnis, bis 1954 Leben in der Illegalität – unter Bauern im ländlichen Iran. Konfrontation mit Elend, Unterdrückung und Rückständigkeit. In dieser Zeit heiratete er, kurz danach wurde er zur Flucht aus dem Iran gezwungen. Seine aus dieser Ehe stammende Tochter sah er erstmals 1971, als sie bereits 18 Jahre alt war. Sie lebt heute in London.
Die Flucht voller Wirren und Unsicherheiten endete 1956 in der DDR. Dort begann sein zweiter wissenschaftlich dominierter Lebensabschnitt.
Die wissenschaftliche Karriere begann Khalatbari als Aspirant an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1961 Dissertation zum Thema „Die Agrarfrage im Iran“. Danach Wechsel an die Akademie der Wissenschaften der DDR, als Oberassistent. Dann 1964 als Dozent an die Hochschule für Ökonomie. 1966 habilitierte er mit dem demographischen Thema „Die Übervölkerung in den Entwicklungsländern“, ein Thema, das von nun an seine gesamte wissenschaftliche Karriere begleiten sollte.
Die wissenschaftliche Karriere begann Khalatbari als Aspirant an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1961 Dissertation zum Thema „Die Agrarfrage im Iran“. Danach Wechsel an die Akademie der Wissenschaften der DDR, als Oberassistent. Dann 1964 als Dozent an die Hochschule für Ökonomie. 1966 habilitierte er mit dem demographischen Thema „Die Übervölkerung in den Entwicklungsländern“, ein Thema, das von nun an seine gesamte wissenschaftliche Karriere begleiten sollte.
1969 Berufung zum ordentlichen Professor an den Lehrstuhl für Demographie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1991 blieb Parviz Khalatbari Inhaber dieses Lehrstuhls. Seine Leistungen fanden nicht nur in der DDR, sondern auch international große Anerkennung. 1993 widmete Le Monde unter der Überschrift: „Am Rande der Katastrophe“ Khalatbaris Thesen eine ganze Seite.
Bis zum Jahre 2000 war er Vorsitzender der Johann-Peter-Süßmilch-Gesellschaft für Demographie. Seine Vorlesungsreihe an der Humboldt-Universität zu Berlin zur Theorie und Geschichte der Bevölkerungswissenschaften sowie zu globalen Problemen besteht bis heute fort.
Prof. Khalatbari versucht immer wieder in öffentlichen Vorträgen auf die sich zuspitzenden Probleme aufmerksam zu machen. „Schock und Nachdenklichkeit“ sind stets die unmittelbaren Reaktionen. Die praktischen Konsequenzen aber bleiben gering.