Veranstaltung am 7.7. 2007
Vortrag und Gespräch mit Dr. Peter Bender, Historiker und Publizist
Es gibt eine stille und bittere Auseinandersetzung im vereinigten Deutschland: Es geht um das Geschichtsbild der DDR. Die Auseinandersetzung ist still, weil sich wenige Ostdeutsche trauen, ein differenzierteres, weniger ideologisches Bild der DDR-Geschichte öffentlich einzufordern. Sie ist bitter, weil die bloße Reduzierung der DDR auf Diktatur und Stasi von vielen Ostdeutschen mittlerweile als Sicht des Siegers interpretiert wird, die mit den eigenen Erfahrungen nicht übereinstimmt.
War das Leben in einer solchen Gesellschaft nicht auch wertlos, erfolglos und vertan? Und bedeutet dies nicht, dass man aus der Sicht des Westens mit einem verbrecherischen System komplizenhaft verwoben war? Die Enttäuschungen im Heute und Jetzt kommen hinzu.
Dass dies zu Widerstand und nostalgischem Rückblick geradezu herausfordert, mag ärgerlich sein, ist aber kaum zu vermeiden. Denn: Die notwendige politische Selbstbesinnung wird weder im Westen noch im Osten geleistet, die beiderseitigen Vorurteile werden nur noch vom Mangel an Wissen über das Leben der anderen übertroffen.
Die Teilung wird auf diese Weise fortgesetzt. Plötzlich findet man sich wieder in den ideologischen Gräben des Kalten Krieges.
Peter Bender, Historiker und Publizist, Vorkämpfer der Entspannungspolitik mit großer deutschlandpolitischer Erfahrung, hat diese Entwicklung seit langem kritisch begleitet.
Seine Veröffentlichungen waren dem Zeitgeist stets um Längen voraus. Das hat ihm Schwierigkeiten und immer wieder späte Anerkennung eingebracht.
Jetzt hat er ein Buch geschrieben mit dem Titel: Deutschlands Wiederkehr. Eine ungeteilte Nachkriegsgeschichte 1945 – 1990.
Dieses Buch war überfällig. Peter Bender behandelt die Nachkriegsgeschichte der beiden Teilstaaten nicht geteilt und auch nicht als eine Haupt- und eine Nebengeschichte. Er betrachtet sie wissenschaftlich, völlig unideologisch, aus der Sicht und der Interessenlage der jeweils anderen Seite. Keine Schwarz-Weißmalerei. Keine Überheblichkeit, kein Anbiedern. Ein stilistisch und sprachlich brillant geschriebenes Buch, das um ein gerechtes Urteil bemüht ist. Dabei fließen politische Lebenserfahrung, detaillierte Faktenkenntnisse und große analytische Fähigkeiten zusammen.
Peter Bender hat aus seinem Buch gelesen, es kommentiert und mit uns darüber gesprochen.
Zur Person:
Peter Bender wurde 1923 in Berlin geboren. Er absolvierte ein humanistisches Gymnasium, anschließend Studium der Geschichte und Altertumswissenschaften an der Universität Hamburg, das er mit der Promotion zum Dr. phil. abschloss.
Sein Berufsleben begann er als Hörfunkjournalist beim Sender Freies Berlin, später beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) in Köln. Daneben schrieb er Beiträge für den „Monat”, „Die zeit” und die Monatszeitschrift „Merkur”. Seit 1970 berichtete Peter Bender für den WDR aus Berlin, von 1973 bis 1975 war er Hörfunk-Korrespondent in Warschau.
Peter Bender engagierte sich sehr früh für eine neue Ostpolitik.
Mit seinem 1964 veröffentlichten Buch „Offensive Entspannung“ plädierte er für eine Normalisierung der Beziehungen zur DDR. In einem nächsten Buch ging er noch einen Schritt weiter und plädierte in 10 Thesen für die Anerkennung der DDR.
In seinem fast visionären Buch „Das Ende des ideologischen Zeitalters“ (1981) vertrat er die Auffassung, die Ideologie habe im Osten ihre inspirierende und motivierende Kraft verloren und diene nur noch als Rechtfertigung für die Herrschaft der Partei.
Die Betonung der gemeinsamen deutschen Geschichte der beiden getrennten deutschen Staaten findet sich in dem Band „Deutsche Parallelen“ (1989). Starke Beachtung fand auch sein Essay „Unsere Erbschaft. Was war die DDR, was bleibt von ihr?“ (1992), den die FAZ als ein „nüchternes, um Wahrhaftigkeit bemühtes Stück historisch-politisches Prosa“ charakterisierte. Es folgten: „Fall und Aufstieg. Deutschland zwischen Kriegsende, Teilung und Vereinigung“ (2002), „Weltmacht Amerika – das neue Rom“ (2003) und „Deutschlands Wiederkehr” (2007) das gegenwärtig in zahlreichen Veranstaltungen vorgestellt wird.