Döbelner Anzeiger – Wie Nachrichtendienste arbeiten

18. Februar 2008


Über die Rolle der Nachrichtendienste und wie sie sich von der Staatssicherheit unterscheiden, hat Hansjörg Geiger am Sonnabend beim Ost-West-Forum auf Gut Gödelitz bei Döbeln berichtet. Der Referent war Direktor beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR sowie Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes.

Die Unterschiede zwischen Stasi und Verfassungsschutz beschreibt Geiger so: Die Arbeit der Stasi habe sich gegen die eigenen Bürger gerichtet und war von grundsätzlichem Misstrauen geprägt. „Als ‚Staat im Staate‘ hatte das MfS polizeiliche Befugnisse.“

 

Ziel: Nachrichten sammeln


Der für das Inland zuständige Verfassungsschutz hingegen arbeite auf gesetzlicher Grundlage, so Geiger. Das Ziel sei ausschließlich die Gewinnung von Nachrichten, polizeiliche Befugnisse gebe es nicht. Fehler würden öffentlich diskutiert, die Presse sei ein wichtiges Kontrollinstrument. Geiger spricht von Transparenz. Nicht nur der jährliche Verfassungsschutzbericht sollte zu seiner Amtszeit Auskunft über die Arbeit geben. „Ich wollte Vorurteile gegenüber dem Verfassungsschutz abbauen und die Rechtsstaatlichkeit unserer Arbeit beweisen“, so Geiger.

Während für den Verfassungsschutz nur rund 2400 Mitarbeiter tätig sind, waren beim MfS rund 80000 hauptamtliche Mitarbeiter und jährlich rund 125 000 bis 175000 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) registriert. Die Datenpakete der Stasi waren dementsprechend voller.

 

Anders als bei der Stasi


Und der Bundesnachrichtendienst (BND)? Als Nachrichtendienst, der für das Ausland zuständig ist, beziehe er seine Informationen von so genannten „Quellen“ (Informanten) und darf strategische Fernmeldekontrollen durchführen. Und worin besteht nun der Unterschied zur Stasi? „Der BND gewinnt seine Quellen auf freiwilliger Basis“, sagte Geiger. Nach seiner Aussage haben der BND sowie der Verfassungsschutz keine Leute von der Stasi übernommen. Doch was alle Dienste verbindet, seien die Techniken der Nachrichtengewinnung. „Das funktioniert bei allen Nachrichtendiensten ähnlich“, so Geiger.

 

Die Skepsis bleibt


Im anschließenden Gespräch zwischen Zuhörern und dem Referenten wurde dann folgendes deutlich: Ob Stasi, Verfassungsschutz oder BND – für einen einstigen DDR-Bürger, der die Stasi nicht nur aus Geschichtsbüchern kennt, bleibt trotz der grassierenden Angst vor Terroranschlägen dennoch eine gewisse Skepsis gegenüber den bundesdeutschen Nachrichtendiensten bestehen. Der schleichende Übergang zum Überwachungsstaat scheint gegenwärtig. Da sollte auch die Sicherheit nicht vor der persönlichen Freiheit rangieren, so die Meinung der Anwesenden.

Von Dagmar Doms-Berger