Döbelner Allgemeine Zeitung – Sandsteinkathedrale Staat

07. April 2008

Was wir an unserem Staat wirklich haben, machte Professor Dr. Werner Patzelt von der Universität Dresden in seinem Vortrag im Rahmen des Ost-West-forums auf Gut Gödelitz deutlich. Er forderte den Staat wie eine Sandsteinkathedrale zu hegen und zu pflegen. Der funktionierende, demokratische Staat sei ein Produkt Europas und habe hier die besten Überlebenschancen. Für andere Regionen der Welt prophezeihte er ein Anwachsen von Diktaturen.


Was ist der Wert des Staates und was ist überhaupt Staat?, fragte Professor Dr. Werner Patzelt in seinem Vortrag am Samstagabend beim Ost-West-Forum auf Gut Gödelitz. Der Lehrstuhlinhaber für Politische Systeme und Systemvergleich am Institut für Politikwissenschaften der Universität Dresden gab über eineinhalb Stunden komplizierte Antworten, zog aber unterm Strich verständliche Schlussfolgerungen. „Wenn Staat fehlt, merken wir erst, welchen Wert ein funktionierender Staat hat. Fragen Sie doch einmal die, die ständig betonen, sie haben die Schnauze voll von diesem Staat. Die wollen nach Kanada, nach Neuseeland, vielleicht nach Spanien auswandern, also in funktionierende Staaten. Keiner von denen will nach Somalia oder Afghanistan“, so Patzelt. Ein demokratisch ausgerichteter, funktionierender Staat mache sich eben dadurch bemerkbar, dass man ihn nicht merkt. Sicherheit nach innen und außen, Rechtssicherheit, Machtkontrolle und persönliche Freiheit seien nur einige der politischen Güter, für die der Staat Sorge trägt.

Patzelts Fazit: Die Entstehung eines funktionierenden Staates ist eine Besonderheit. Ein freiheitlich organisierter und sozial-gerechter Staat ist eigentlich schon ein Wunder. „Deshalb dürfen wir die westliche Staatlichkeit nicht länger als gegeben ansehen, sondern müssen sie hegen und pflegen. Ein Staat ist eine Dauerbaustelle wie eine Sandsteinkathedrale. Sie ist zwar irgendwann errichtet, aber sie ist nie fertig und man muss sich ständig um sie kümmern.“ Patzelt warnte vor einer Abnutzung des Staates durch Inflation der Ansprüche und einer Deflation der eigenen Leistungen an den Staat.

Für viele sicherlich auch erhellend Patzelts „Staats-Genese“. Kurz: Staat ist ein europäisches Produkt und funktioniert nicht überall. Der momentan zu beobachtende Zerfall von Staaten weltweit zeige das deutlich. Auf lange Sicht prophezeihte er ein Anwachsen von Diktaturen. George Bushs Außenpolitik wertete er als Versuch, Slums der Weltpolitik zu beseitigen. Nach Patzelts Einschätzung ein Versuch, der zum Scheitern verurteilt ist.

 

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Werner Patzelt verteidigte die westliche Staatlichkeit leidenschaftlich. (Foto: sdt)