Döbelner Anzeiger – Professor preist Wunderwerk Staat

08. April 2008

Der freiheitliche Staat ist ein Wunderwerk, das gehegt und gepflegt werden muss. Das ist das Fazit von Professor Werner Patzelt. Der Poltikwissenschaftler ist Chef des Lehrstuhls Politische Systeme und Systemvergleich an der Universität Dresden.

 

patzelt_sz.jpg Patzelt klärt zunächst auf, dass Staaten, die funktionieren und von der Wiege bis zur Bahre alles klären und dabei nicht diktatorisch agieren, selten sind und deswegen geschätzt werden sollten.

Aber was ist überhaupt eine Staatsgewalt? Sie ist ein verlässliches Gefüge von Institutionen, die allgemein verbindliche Regeln und Entscheidungen übernehmen. Und wie sollte der Staat sein? Er sollte perönliche Freiheit zulassen und Pluralismus praktizieren. „Denn die Leute wollen sich nicht vorschreiben lassen, wie sie sein sollen“, so Patzelt. Doch so mancher Staat sei schon an seiner Vielfalt zugrunde gegangen, merkt Patzelt an und verweist auf die DDR, die, als sie anfing, vielfältiger zu werden, ihr Ende einläutete. Ein Staat sollte weiterhin ein gutes Bildungs-, Gesundheits-, Infrastruktur- sowie Wirtschaftssystem haben und als Krönung für soziale Gerechtigkeit sorgen.

 

So weit die politikwissenschaftlichen Betrachtungen. Patzelt erwähnt, dass der Staat einer Dauerbaustelle einer gotischen Sandsteinkathedrale gleicht, dass Reformen immer und immer wieder nachgebessert werden müssen. Dies erlebten die Bürger tagtäglich.

Wie sieht das Wunderwerk „Staat“ aber im täglichen Leben für jeden einzelnen aus? Mit direkten Praxisbezügen ging der Wissenschaftler recht sparsam um.

 

Wachsende Armut vieler

 

„Der Normalbürger schaut auf eine starke Elite, denen es aber an Werten fehlt“, ergänzt Axel Schmidt-Gödelitz, Vorsitzender des Vereins Ost-West-Forum Gut Gödelitz. Die Wut der Leute gegenüber dem Staat ist präsent. Denn auf der einen Seite gibt es zunehmenden Reichtum einer kleinen Schicht und demgegenüber eine wachsende Armut einer immer größer werdenden Schicht. „Das ist nicht sozial und fördert den gesellschaftlichen Unmut“, so Schmidt-Gödelitz.

„Wir haben eine wirtschaftliche Elite, der es egal ist, wo sie Profite macht“, so Schmidt-Gödelitz. Ihnen fehle die innere Bindung an das Land und die Leute. Dies sei der Tribut an die zunehmende Globalisierung.

Für das Ost-West-Forum stellt sich die Leninsche Frage nach dem „Was tun“. Der Rat von Patzelt, den Staat zu lieben, werde nichts bringen, da viele Menschen nicht mehr an den Staat glauben. „Denn ein Staat, der mit den Gesetzen nicht mehr hinterherkommt, sich dann Industrielle als Berater holt und sie Poltitik machen lässt, verkauft sich“, so Schmidt-Gödelitz. Lobbyisumus und Korruption ermutigen wenig, den Staat zu lieben und schützen. Das Ost-West-Forum will dazu beitragen, Wege in Parteien und Gewerkschaften zu finden, um eine Elite zu stärken, deren Handeln auf Werten basiert.

Von Dagmar Doms-Berger

Nächste Veranstaltung: 3. Mai, 18 Uhr, „Ausverkauf des Tafelsilbers“ mit Hendrik Auhagen.