Döbelner Allgemeine Zeitung – Agenten auf Gut Gödelitz

11.11.2008

Ernst Uhrlau: Der BND hat kein geheimes Eigenleben

„Wie cool muss man sein, um ein James BND im Auftrag der Kanzlerin zu werden?“ Mit einem gar nicht verwegenen, eher verlegenen, jedenfalls sympatischen Lächeln überlegt sich Ernst Uhrlau die Antwort.

Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) verkörpert am Brötchen-Buffet vom ost-west-forum auf dem Gut Gödelitz immer noch ein bisschen den Apparat, dem er vorsteht: Zuerst nachdenken, ob man die Information lieber für sich behält. Dann nimmt er den Fans von Geheimdienst-Thrillern ihre Illusionen: „Mit 16 Jahren hat man keine Chance. Mit 18, einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder Abitur kann man eine mittlere oder gehobene Beamtenlaufbahn anstreben.“ – Ob man auch Personenschützer mit Knopf im Ohr werden kann? „Ja, das auch.“ – Und wie viele dieser Männer hat Uhrlau in Gödelitz um sich? „Dazu sage ich nichts.“ Schusswaffen tragen BND-Mitarbeiter nur zum Eigenschutz in gefährlichen Ländern. Sie dürfen niemanden verhaften, und für ihre Analysen bedienen sie sich zu 80 Prozent öffentlich zugänglicher Quellen. BND-Agenten – ganz ruhige Beamte.

Nun schätzt Axel Schmidt Gödelitz vom ost-west-forum den Politikwissenschaftler Ernst Uhrlau gerade deshalb, „weil er kein Bürokrat ist, sondern ein Demokrat“. Uhrlau zeigt auf, wo er den Unterschied sieht zur Staatssicherheit der DDR: „Der Bundesnachrichtendienst ist eine vom Parlament kontrollierte Institution. Dies verunmöglicht, dass er ein geheimes Eigenleben entwickelt“, auch wenn trotzdem nicht jeder alles wissen müsse und es auch nichts Schöneres gebe, als einer konkurrierenden Abteilung Informationen vorzuenthalten.

Dennoch könne der BND nie zum Instrument gegen eine oppositionelle Minderheit werden. Als Geheimdienst möchte Uhrlau den BND nicht bezeichnet wissen, eher als Frühwarnsystem für die Politik, deren Dienstleistung gegenüber der Bundesregierung im Sammeln und Auswerten von Informationen besteht. Dies sei nötig in Deutschland, das Uhrlau als „Gefahrenraum“ bezeichnet, als die Diskussion auf den Terrorismus kommt. Rechtfertige der „Gefahrenraum Deutschland“ auch Lauschangriff und Vorratsdatenspeicherung? – „Was verhindere ich denn mit all dem Datensalat?“, fragt Uhrlau zurück.

Doch er sagt auch: „Natürlich sind Freiheitsrecht eines Bürgers Abwehrrechte gegenüber dem Staat. Doch der Staat hat auch Anspruchsrechte gegenüber privaten Besitzern von Informationen, um seine Schutzpflichten wahrnehmen zu können gegenüber den Bürgern.“ Als noch Briefe geschrieben wurden, sei der BND-Mann dafür eben auf’s Postamt gegangen. „Heute benötigt er den Zugang zu einem Server in Singapur. Denn mal ehrlich: Wer schreibt denn heute noch Briefe?“

DAZ, Steffi Robak