DDR-Staatsbanker will, dass Vereinigung von BRD und DDR auf die Tagesordnung der Bundesrepublik kommt
Die gute Nachricht zuerst: Es ist noch nicht zu spät, aus dem Osten etwas zu machen. Nur mit solchem Blödsinn wie dem Konjukturprogramm werde das nichts. „Das ist nichts als ein Parteienprogramm, in welchem sich vor der nächsten Wahl jeder wiederfinden soll. Aus der Krise hilft es uns nicht, denn es bringt nicht einen Menschen mehr in Lohn und Arbeit.“
Mit Edgar Most sagt das ein Wanderer zwischen den Finanzwelten, der dem Kapital auf beiden Seiten der früheren innerdeutschen Grenze diente und nicht vergaß, woher er kommt: Aus einer thüringischen Bergarbeiterfamilie. Viele seiner Verwandten und Freunde sind heute arbeitslos und teils verbittert. Most sagt: „Ich hatte einfach nur Massel.“ Am Sonnabend stellte der Banker Edgar Most beim Ost-West-Forum auf Gut Gödelitz etwa 200 Zuhörern sein Buch „Fünfzig Jahre im Auftrag des Kapitals“ vor. Zur Ernüchterung von Ostalgikern sagt er: „Dass die DDR so, wie sie gelaufen ist, nicht funktioniert hat, war seit den 70er Jahren bekannt.“ Mit seinem Buch wolle er erreichen, dass das Thema Vereinigung erneut auf die Tagesordnung gesetzt wird. Bisher sei der Aufbau Ost nämlich nichts anderes gewesen als die Stabilisierung des angeschlagenen Westens. Im Übrigen ist er, der ein halbes Jahrhundert lang erst bei der Staatsbank der DDR und dann bei der Deutschen Bank dem Kapital diente, der Auffassung, „Auch im Kapitalismus kann man das Kapital zwingen, den Menschen zu dienen. Dazu braucht man die passenden Politiker.“ Mit den aktuell agierenden Parteien sieht er schwarz.
Als Beinahe-Vize-Kanzler unter Gerhard Schröder hätte Edgar Most im Osten gern Einiges anders gemacht, doch dazu kam es nicht. Und mit dem Mut dessen, der nichts zu verlieren hat, sagt Most heute: „Das Gute im Osten ist eine hervorragende Infrastruktur mit schönen Straßen und Fassaden. Nur dass aus den Städten langsam potemkinsche Dörfer werden. Drei Millionen junge Leute hat der Osten schon verloren, weil er eins eben nicht zu bieten hat: Genügend Arbeit.“
Steffi Robak