Strategie für den Übergang
von Bärbel Schuhmann
Döbelner Anzeiger Montag 25. Januar 2010
Walther Stützle hat auf Gut Gödelitz mit den Gästen über Afghanistan diskutiert. Walther Stützle Walther Stützle, Ex-Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, gilt als Afghanistan-Experte. „Schon lange habe ich mich bemüht, Professor Stützle für einen Vortrag auf Gut Gödelitz zu gewinnen. Als wir planten, war nicht abzusehen, wie aktuell das Thema ist“, erklärte Axel Schmidt-Gödelitz vom Ost-West-Forum. Stützles Vortrag stand unter dem Thema „Wird Afghanistan unser Vietnam?“
Richard Holbrooke, Beauftragter der USA für Afghanistan, hatte eine bittere Zwischenbilanz gezogen: Der Einsatz am Hindukusch sei schlimmer, schwieriger und härter als der Vietnamkrieg – und er werde sich als der längste der amerikanischen Geschichte erweisen. Allein 2007 gaben die USA 2,7 Milliarden Dollar für ihren Einsatz aus.
Heute, im neunten Jahr des Krieges in Afghanistan, sind noch immer deutsche Soldaten am Hindukusch und ihre Zahl soll aufgestockt werden. Hauptaufgaben für den Afghanistan-Einsatz waren, dem Terror die Stirn zu bieten und Aufbauhilfe bei der Entwicklung demokratischer und wirtschaftlicher Strukturen zu geben. Walther Stützle machte deutlich, dass dies nach seiner Meinung nicht gelungen sei. Was wären Alternativen? Einfach abziehen und das Land den Taliban überlassen und dem internationalen Terrorismus wieder eine sichere Basis zurückgeben?
Der Gast sagte, dass Aufbauhilfe nur Sinn mache, wenn diese durch afghanische Kräfte selbst geschützt werden könne. Deutschland müsse zudem neu bestimmen, in welchem Maße deutsche Interessen und Bündnispflichten wahrgenommen werden müssen. Es müsse eine realistische Strategie für einen Übergang geben. „Wenn der Einsatz in Afghanistan scheitern sollte, dann muss es ein Scheitern an den Afghanen selbst sein, nicht an uns“, so der Politologe.