Döbelner Anzeiger, Montag 5. Dezember 2011
(Von Peter Schmieder)
Friedrich Ostendorff von den Grünen hält die industrielle Landwirtschaft für nicht zukunftsfähig
Man müsse sehr wohl die „Systemfrage“ stellen, sagte der Bundestagsabgeordnete Friedrich Ostendorff vor etwa 130 Zuhörern im Gut Gödelitz. Der Bundespolitiker von Bündnis 90/Die Grünen referierte am vergangen Samstag auf Einladung von Axel Schmidt-Gödelitz zum Thema „Landwirtschaft am Scheideweg“.
Ostendorff will einen Wechsel von einer industriellen Landwirtschaft hin zu einer ökologisch sinnvollen Agrarpolitik. Angesichts des neuerlichen Lebensmittelskandals rund um das Thema Antibiotika, sieht der 58-Jährige eine „Störung im System.“ „Es geht nicht nur um ein paar schwarze Schafe, die härter bestraft werden müssen“, so Ostendorff. Das Ziel, möglichst billig viel Fleisch zu produzieren, sei falsch. „Deutschland will Weltmarktführer werden, hat seine Fleischproduktion auf acht Millionen Tonnen gesteigert“, so der Politiker. Was als Erfolg gefeiert werde, sei ein Fehlentwicklung. „Gemästete Puten zum Beispiel können ohne verabreichtes Aspirin kaum noch stehen“, schildert Ostendorff eindringlich.
Weg von Flächensubvention
„Wir haben schon lange keine bäuerliche Landwirtschaft mehr, auch wenn uns Verpackungen und Werbung das vorspielen“, weiß Ostendorff. Das müsse sich ändern. Statt großer Monokulturen fordert Ostendorff kleinere Felder mit „vielen Fruchtwechseln.“
„Die Frage ist, welche Landwirtschaft wollen wir – Bauernhöfe oder Agrar-Fabriken.“ Die Politik müsse sich dieser Auseinandersetzung stellen. Mit den Milliarden-Subventionen der europäischen Union hat die Politik ein Regulierungsmittel. Ostendorff will das auch einsetzen. Er will weg von den reinen Flächensubventionen. Bisher fließen pro Hektar 300 Euro an europäischen Mitteln an Landwirte und Agrarkonzerne.
Dass ein Hektar ökologisch angebauter Schnittlauch arbeitsintensiver ist als die gleiche Fläche Mais, das sei klar. 2014 würden die bisherigen Subventionen auslaufen. Bis dahin wird verhandelt. „In Brüssel hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden“, sagt Ostendorff. Als Grüner habe er aber lernen müssen, dass es doch länger dauert, die Welt zu verändern, als er sich das in jungen Jahren vorstellen konnte. „Alle Forderungen werden wir nicht durchsetzen können.“