Veranstaltung am 11. Februar 2012
Auch nach mehr als eineinhalb Jahren Krisenmanagement ist die Finanzkrise in Europa immer noch nicht unter Kontrolle. Wenn das Projekt EURO scheitert, ist die Zukunft der EU insgesamt gefährdet. Doch alle Gipfelkonferenzen und die dort beschlossenen Rettungspakete für die Krisenländer sowie die angestrebten Reformmaßnahmen eines Fiskalpakts und einer europäischen Wirtschaftsregierung konnten bisher die Finanzmärkte nicht beruhigen. Ganz im Gegenteil: Die Verschuldung der Krisenländer wächst weiter, ihre Realwirtschaft schrumpft dramatisch und in der gesamten europäischen Wirtschaft droht eine Rezession. Der Streit um die richtige Stabilisierungsstrategie und ihr Scheitern könnte die EU zerreißen. Über die Widersprüche des bisherigen Krisenmanagements und die Überwindung der sich verschärfenden Existenzkrise der EU diskutieren wir mit Dieter Spöri, der schon vor der Einführung des EURO als damaliger Vorsitzender der deutschen Wirtschaftsministerkonferenz vor den zentralen Konstruktionsfehlern der europäischen Währungsunion gewarnt hat.
Zur Person:
Dr. Dieter Spöri
Geboren 1943 in Stuttgart, Studium der Wirtschaftswissenschaften in Tübingen mit dem Abschluss Diplom-Volkswirt (1969). Berufliche Tätigkeiten u.a.: Werksplanung Standard Elektrik Lorenz, Stuttgart, Stellv. Leiter des Instituts für Südwestdeutsche Wirtschaftsforschung in Stuttgart, daneben Promotion 1973 an der Universität Konstanz, bis 1976 Sprecher der Gruppe „Energie und Wirtschaft“ beim Institut für angewandte Systemanalyse, Kernforschungszentrum Karlsruhe, Lehrbeauftragter für Wirtschaftspolitik an der Universität Stuttgart. Von 1976 bis 1988 Mitglied des Deutschen Bundestages, Obmann der SPD-Fraktion im Finanzausschuss, von 1988 bis 1998 im Bundesvorstand der SPD. Von 1988 bis 1992 SPD-Fraktionsvorsitzender und Oppositionsführer im Landtag von Baden-Württemberg. 1992 bis 1996 Wirtschaftsminister und Stellvertretender Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, dabei auch 1993 und 1994 Vorsitzender der deutschen Wirtschaftsministerkonferenz. Danach Partner und Gesellschafter der Baumgartner und Partner Unternehmensberatung GmbH. Von 1999 bis 2008 war Spöri Leiter der Konzernrepräsentanz für Bundesangelegenheiten der Daimler AG in Berlin und u.a. bis 2007 Mitglied des Aufsichtsrats der SAP AG. Seit 2008 ist er Generalbevollmächtigter und Gesellschafter der PMC International AG. Seit 2006 ist Spöri Präsident des Netzwerks der Europäischen Bewegung Deutschland (EBD).
Spöri beteiligte sich schon in seiner Zeit als baden-württembergischer Wirtschaftsminister und Vorsitzender der deutschen Wirtschaftsministerkonferenz aktiv an europapolitischen Diskussionen. Besondere Aufmerksamkeit zog er auf sich wegen seiner öffentlichen Kritik an der seiner Meinung nach verfrühten Einführung des Euro.
Dennoch plädiert er heute – als Präsident des Netzwerkes Europäische Bewegung Deutschland (EBD) – für ein konsequenteres Krisenmanagement mit dem Ziel, den Euro und die Europäische Union mit Erfolg durch die aktuelle Zerreißprobe zu führen.
Das Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland ist der überparteiliche Zusammenschluss verschiedener Interessengruppen der deutschen Zivilgesellschaft im Bereich Europapolitik, die sich einem klaren pro-europäischen Auftrag verpflichtet fühlen. Die 220 Mitgliederorganisationen repräsentieren nahezu alle gesellschaftlichen Gruppen: Wirtschafts – und Berufsverbände, Gewerkschaften, Bildungsträger, wissenschaftliche Institute, Stiftungen, Parteien, Unternehmen und andere. Vorgänger von Dieter Spöri waren u.a. Dietrich Genscher, Annemarie Renger, Walter Scheel, Rita Süssmuth und Wolfgang Thierse.