Döbelner Allgemeine Zeitung – Werte für Jugendliche schaffen

Montag, 19. November 2012

Gut Gödelitz
Gödelitz (rose). Nach Egon Bahr im Oktober war am Sonnabend ein weiterer Protagonist zu einem Vortrag auf Gut Gödelitz zu Gast, der die Wiedervereinigung – wenn auch nur zu einem kleinen Teil – aktiv mitgestaltete. Zusammen mit Kaplan Andreas Leuschner trat er bei Demonstrationen auf der Prager Straße in Dresden am 8. Oktober 1989 mit der Staatsmacht in Verhandlungen. Heute ist er Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung und berichtete am Sonnabend über sein Schaffen.
In seinem Vortrag referierte Richter über viele Stichpunkte. Der Abend stand unter dem Motto “Der Beitrag von Bildung zur Regenerierung der moralischen Substanz”. Frank Richter ging dabei besonders auf die Themen ein, die sich mit Problemen der Jugendlichen befassen. Darunter zählte er die Sozialisierung in der Gesellschaft, das Lernen überhaupt und natürlich die Friedliche Revolution 1989 und deren Folgen bis heute.
Dabei erinnerte er sich noch einmal an die Zeit der Wiedervereinigung. “Ich weiß den Namen des Polizisten, den ich angesprochen habe, bis heute noch. Es war damals erstaunlich zu sehen, wie schnell sich die Stimmung auf der Prager Straße veränderte. Innerhalb von zwei Stunden verhielten sich die Personen dort plötzlich ganz anders”, erinnert sich Richter noch an jenen 8. Oktober 1989. Richter zählt sich bis heute zur “aktiven Minderheit” der DDR, die damals auf die Straßen ging. “Viele wollten einfach nicht mehr und haben geschaut, was passiert.” Das setzte sich seinen Erfahrungen zufolge auch in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung fort. Er bezog sich im Vortrag dabei besonders auf die Erziehungsmethoden. “Die DDR ist das einzige Territorium in Europa, das binnen kürzester Zeit zwei totalitäre Diktaturen ertragen musste. “In diesen wurde mit dem Ziel erzogen, hörige Untertanen heranzuziehen. In der Demokratie muss nun das Ziel sein, mündige Staatsbürger zu erziehen. Das fällt teilweise noch schwer.”
Frank Richter dachte bei dieser These besonders an das Schulsystem in Sachsen. “Religiöser, ethischer, musikalisch-künstlerischer und Sportunterricht werden vernachlässigt. Aber warum? Wichtig ist, dass Jugendliche sich an Werten orientieren und danach handeln.” Richter sprach zudem das Thema Rechtsextremismus an. “Es liegt das nicht an der Ideologie selbst, sondern an der Sozialisierung der Jugendlichen. Wir alle können helfen, dass Jugendliche nicht in solche Gruppierungen geraten.”