Döbelner Anzeiger – Zwischen Pisaschock und Lehrerstreik

Montag, 19. November 2012


Von Helene Krause

Die Pisastudie betrachtet nur Lesen, Schreiben und Rechnen. Sport, Musik, Religion und Ethik sind genau so wichtig.

Er ist einer der Leute, die in der Wendezeit verhinderten, dass in Dresden die Konfrontation zwischen Demonstranten und Ordnungskräften eskalierten. Am Sonnabend referierte Frank Richter beim Ost-West-Forum in Gödelitz aber über Bildung und die Vermittlung von ethischen Werten an Kinder und Jugendliche.„Politische Bildung“, sagt er, „hört sich so an wie Staatsbürgerkunde.“ Doch damit hat das, was er tut, gar nichts zu tun. Das Ziel der politischen Bildung ist, mündige Staatsbürger zu prägen. „Bildung“, so Frank Richter, „ist der wichtigste Rohstoff für die Entwicklung des Landes.“

In seinem Vortrag schneidet er Themen wie die Werteorientierung der Jugendlichen, die Pisastudie und die erstarkenden neonazistischen Tendenzen gerade im Osten unseres Landes an. „Der Erziehungsdiktatur folgte die Erziehungslosigkeit“, so Richter. Er weist darauf hin, dass in der DDR über Nacht Kinder- und Jugendeinrichtungen geschlossen wurden. Es gab eine Orientierungslosigkeit unter den Jugendlichen, die sich Neonazis zunutze machten und so Anhänger fanden.

Nach dem Pisaschock Anfang 2003 wurde deutlich, dass die deutschen Schulen nicht so gut sind. Die Studie, die nur Lesen, Schreiben und Rechnen bewertet, ist seiner Meinung nach einseitig. Sport, Musik, Religion und Ethik sind in ihr ganz ausgeklammert. Und gerade die menschlichen Werte sind wichtig für das Zusammenleben. Wenn das vernachlässigt wird, habe das Folgen. Ein weiteres Problem: Den Kindern in Kindergärten und Grundschulen fehlen männliche Vorbilder. „Fast nur Lehrerinnen und Erzieherinnen gibt es da.“

Am Ende seines Vortrags gibt es eine Diskussionsrunde in der Zuhörer Fragen stellen und eigene Erfahrungen berichten können. Von der Bürgermeisterin von Lommatzsch, Dr. Anita Maaß, kam die Frage, ob es sinnvoll ist, kommunale Räume für Veranstaltungen zu schließen, die neonazistische Inhalte haben. Darauf antwortete Frank Richter mit einem glatten „Nein!“. „Es ist besser, hinzuschauen, welche Themen von Rechten angesprochen werden. Ausgrenzung dieser Menschen nützt gar nichts.“