Vortrag von Frank Richter: Der Beitrag von Bildung zur Regenerierung der moralischen Substanz

Veranstaltung am 17.11.2012

Spätestens seit den PISA-Studien ist das Thema „Bildung“ in aller Munde. Bildung wird als der wichtigste „Rohstoff“ angesehen, den wir in unserem Lande reichlich haben, aber nicht genügend nutzen.
Kritiker bemängeln, dass beim Umgang mit diesen Studien nur die leicht vergleichbaren Parameter Beachtung finden. Meist sind es solche Bildungsbereiche von Wissen und Können, die aus der Sicht der Wirtschaft für die Leistungsfähigkeit unseres Landes wichtig sind. Hier kommt besonders Bildung als das „Erklären von Sachen“ zum Tragen. Für den inneren Zusammenhalt  unseres Gemeinwesens aber ist das zu wenig. Dafür braucht es auch Bildung als „Stärken der Person“ – als Erziehung also. Die entsprechenden Bildungsbereiche sind weniger eindeutig zu messen und zu vergleichen und werden vielleicht gerade deshalb in der öffentlichen Diskussion über Bildung und Schule vernachlässigt.

So schreibt Frank Richter, der Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung:
„Ich plädiere dafür, die Bildungsbereiche zu stärken, die zur Regenerierung der moralischen Substanz beitragen. Das sind vornehmlich jene, die PISA nicht gemessen  hat. Ohne Ehrlichkeit, Empathie, Gerechtigkeit, Solidarität, Freundlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Barmherzigkeit, Sinn für Schönheit und so weiter kann unsere Gesellschaft auf Dauer nicht zusammenhalten.“

Fragen drängen sich auf:

  • Wenn Bildung der wichtigste Rohstoff für die Leistungsfähigkeit und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ist, müsste dann in sie, in öffentliche Schulen und in Lehrerausbildung vor allem, nicht viel mehr investiert werden?
  • Fehlt es dafür an einer wirksamen Lobby für Bildung und Schule?
  • Müsste nicht in all den föderal unterschiedlichen Bildungsplänen der Schulen auch „wertorientierte Erziehung ein schulischer Auftrag“ sein?
  • Aber um welche Werte sollte es sich dabei eigentlich handeln?
  • Wie kann man sich in einer pluralistischen Gesellschaft auf gemeinsame Werte einigen?
  • Kommt eventuell „Werteerziehung“ in den ostdeutschen Schulen darum zu kurz, weil  man nach der früheren „Erziehungsdiktatur“ in der DDR Scheu vor dem Thema Erziehung hat und zu einer Art „Erziehungslosigkeit“ tendiert?
  • Haben in unsrer Gesellschaft wirklich alle Kinder die gleichen Bildungschancen?
  • Ist unser Bildungswesen, das in seinen Grundprägungen aus dem 19. Jahrhundert stammt, überhaupt noch auf der Höhe der Zeit? Wie sollte eine zeitgemäße Schule sein?

Bildung geht alle an. „Lebenslanges lernen“ ist erforderlich.

Der Bürgerverein „ost-west-forum Gut Gödelitz“ engagiert sich auf allen seinen Wirkfeldern für die Vermittlung der Werte unseres freiheitlich-demokratischen Gemeinwesens. Er hilft mit, „Sachen zu erklären und Menschen zu stärken“. Er betreibt im weiten Sinne politische Bildung.

Wir freuen uns, Frank Richter als Gastredner des ost-west-forums auf Gut Gödelitz begrüßen zu dürfen.


zur Person Frank Richter:

geb. 20.04. 1960 in Meißen, aufgewachsen in Großenhain/Sachsen
1979 – 1981 Wehrersatzdienst bei der Nationalen Volksarmee als Bausoldat in Stralsund
1981 – 1987 Studium der Philosophie und Theologie in Erfurt und Neuzelle
1987 Priesterweihe in Dresden
1987 – 1994 Kaplan und Domvikar in Dresden
8.Oktober 1989 Mitbegründer der „Gruppe der 20“ in Dresden
1994 – 1997 Jugendseelsorger des Bistums Dresden-Meißen
1996 – 2000 Vorsitzender des Kinder- und Jugendringes Sachsens
1997 – 2001 Pfarrer in Aue/Sachsen
2001 – 2006 Referent für Religion und Ethik am Sächsischen Staatsinstitut für Bildung und Schulentwicklung (Comenius – Institut)
Mitglied des Autorenkollegiums für den 2. Sächsischen Kinder- und Jugendbericht
13.2. 2005 Mitorganisator der Aktion „10 000 Kerzen für Dresden“
April 2006 Heirat
August 2006 bis Juli 2007 Pfarrer der alt-katholischen Gemeinde in Offenbach/Main;
Ab Sommer 2007 Unterrichtender für Ethik und Latein am Gymnasium Dreieichschule Langen;
Seit 9.2. 2009 Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung

Auszeichnungen:
1991 Übernahme des Europäischen Menschenrechtspreises – stellvertretend für die friedlichen Demonstranten des Herbstes 1989 in Dresden
1995 Erich – Kästner – Preis des Presseclubs Dresden
1995 Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
1997 Sächsische Verfassungsmedaille

Publikationen (Auswahl):
–    „Worte wachsen langsam – Aus dem Herbst 89“ (2. Auflage) bei: Verlag und Druckerei Christoph Hille, Dresden
–    „in den Purzelbaum meiner Gefühle“; Reihe: Lyrik und Malerei; bei: Verlag und Druckerei Christoph Hille, Dresden
–        „Werteerziehung an der Schule – Möglichkeiten und Grenzen“ – Vortrag vor der Johann Amos Comenius – Club Sachsen am 31.10. 2006
–    „Dona nobis pacem“ (Aufsätze und Dokumente) hg. von Dr. Thomas Brose; bei: Verlag und Druckerei Christoph Hille, Dresden, 2010
–    Libretto zu: „… dass ein neuer Anfang verbliebe.“ Passionsoratorium nach Johannes, Komposition: Stefan Jänke, Uraufführung am 29. März 2002 in Großenhain/Sa.
–    Libretto zu: „Schöpfung – drum Menschen lasst das Warten nicht“
Kindermusical, Komposition: Stefan Jänke, Uraufführungen im Juli 2006 in Marktredwitz und Wunsiedel
–    Libretto zu: „ … und dann kommt auch der Frieden.“ (fast ein Musical), Komposition: Stefan Jänke, Uraufführung im Herbst 2007 in Chemnitz
–    Libretto zu: „… und wer sich mit verwandeln lässt.“ Stationen aus dem Neuen Testament – hinein gestellt in den Jahreslauf der Natur.
Komposition: Stefan Jänke, Uraufführungen im Juni 2008 in Löbau, Radeberg, Kamenz und Bautzen